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"Creed III": So problematisch ist der neue "Rocky"-Film

Zu jeder Handgreiflichkeit bereit: Michael B. Jordan als Rockys Ziehsohn Adonis Creed in „Creed III“.
Zu jeder Handgreiflichkeit bereit: Michael B. Jordan als Rockys Ziehsohn Adonis Creed in „Creed III“.(c) Warner
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Ein Boxer steigt gegen seinen abgehängten Jugendfreund in den Ring: „Creed III“ politisiert die „Rocky“-Reihe. Was nur bedingt gelingt.

Die „Rocky“- wie auch die daran anschließenden „Creed“-Filme sind seit Sylvester Stallones Original von 1976 exemplarische Aushängeschilder für Hollywood-Männlichkeit. „Sly“ Stallone gab damals den Italo-Macho aus der Gosse, der sich Ruhm und Ehre erboxte. Sein schwarzer Nachfolger Michael B. Jordan („Black Panther“) repräsentiert als Adonis Creed, Sohn von Rockys erstem Gegner und späterem Kumpel Apollo – Gott haben ihn selig! –, den netten Ghetto-Burschen, der durch Erfolge im Ring den Sozialaufstieg schafft. Im dritten „Creed“-Teil, für den Jordan auch hinter der Kamera stand (nur Stallone fehlt erstmals, er produzierte), gerät Rockys Ziehsohn nun in einen Zwist mit einem Jugendfreund.

Damian (Jonathan Majors) taucht nach 20-jähriger Funkstille auf Adonis' Parkplatz auf. Anfangs wirkt alles paletti: Die beiden gehen Burger essen, Adonis lädt Damian in sein Luxus-Boxstudio zum Training – und in die Villa zum Family-Dinner. Doch ein totgeschwiegenes Verbrechen, das den Freund einst ins Gefängnis brachte – und den damals geflüchteten Titelhelden nicht –, steht zwischen ihnen. Damian konnte im Knast kaum Boxing-Karriere machen, nun steht er dem Menschen gegenüber, der er hätte werden können: Adonis ist der gut betuchte Glückspilz, er der bedürftige Underdog.

Die Rollen haben sich also verkehrt. Dennoch gibt es keine einseitige Zuweisung von Gut und Böse: Adonis ist hier kein komplett reueloser Schnösel – und Damian kein blindwütig rachsüchtiger Prolet. Diese differenzierte Sichtweise ist spannend. Und neu für die „Rocky“-Reihe, in der es zwar Versöhnungen gab, aber selten Verständnis für die Verbitterung der Antagonisten – man denke nur an den revanchistischen Russen Ivan Drago aus „Rocky IV“ und „Creed II“.

Darf Absolution so mürrisch sein?

Zugleich ähnelt „Creed III“ einer halb antiken, halb biblischen Tragödie: Zwei Götter liegen hier wegen einer Ursünde miteinander im Clinch, ihr Konflikt muss schicksalhaft in der Arena überwunden werden, mit dem hehren Ziel der Schuldbereinigung durch körperliche Marter. Die „Rocky“-typische Montagesequenz über das Abhärten vor dem Endkampf darf freilich nicht fehlen. Männermythologie also, garniert mit religiöser Wiedererweckung in den Knock-out-Momenten? Ja. Aber eine, die unterfüttert ist mit Sozialkritik – insofern die fatale Trennung der Helden in ihren Flegeljahren diese fast noch stärker auf ihre Klassenzugehörigkeit festgelegt hat als ihre Hautfarbe. Für den jungen Adonis gab es zumindest eine geringe, aber vorhandene Chance, als Profisportler zu reüssieren. Für seinen Freund nicht.

Der amerikanische Traum wird in „Creed III – Rocky's Legacy“ also gewagt hinterfragt. Doch ästhetisch hinkt der Film seinen Vorgängern hinterher. Klar, die Kämpfe sind spektakulär. Aber altbacken: Muskelpakete in Zeitlupe, knallende Fausthiebe, aufgeregte Berichterstattung rundum. Bedenklich ist zudem die Pointe, dass Adonis jedes Recht hat, seinen Kollegen zur Räson zu prügeln, als dieser aufmüpfig wird. Davor holt er sich dafür noch den Segen bei der Göttergattin (Tessa Thompson). Mürrischer und maskuliner lässt sich Absolution kaum denken.

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