Seit Jahrtausenden beansprucht der Mensch die Vormachtstellung unter den Lebewesen. Der schonungslose Umgang mit natürlichen Ressourcen bedingt die Krisen der Gegenwart. Mit „Der Mensch als Tier" versucht der Philosoph Markus Gabriel die Neubestimmung einer alten Problembeziehung.
Seit Aristoteles hat sich die abendländische Philosophie mit dem Tier beschäftigt. Meist ging es dabei darum, den Menschen vom Tier zu unterscheiden und in eine Distanz zu bringen, damit das, was doch verwandt, ähnlich oder sogar gleich wirken könnte, nicht zu viel Gewicht bekommt.
Es gibt sie jedoch auch, die philosophischen Versuche, das Verhältnis von Mensch und Tier in aller Komplexität und Verstrickung neu zu bestimmen, wie etwa jüngst durch den Bonner Philosophen Markus Gabriel mit seinem bei Ullstein erschienenen Band „Der Mensch als Tier. Warum wir trotzdem nicht in die Natur passen“. Wir erfahren von dem Titel, dass wir einen philosophischen Tiervergleich in der Figur des „als“ wagen können, ohne Angst haben zu müssen. Allein der Vergleich macht uns nicht zu Tieren, denn wir passen doch nicht so ganz in die Natur. Ein wenig bleibt also gleich zu Beginn alles beim Alten.
Jacques Derrida, der Begründer der Dekonstruktion, schrieb, nachdem er eines Tages nackt im Badezimmer vom Blick seiner Katze beschämt worden war, den Text „L'Animal que donc je suis“/„Das Tier, das ich also bin“. Ein Text, in dem es nicht nur darum geht, der fundamentalen Frage nachzugehen, was der Mensch, sondern auch, was das Tier sei. Wir lesen: „Das Tier blickt / geht uns an (nous regarde), und wir stehen nackt vor ihm. Denken beginnt vielleicht da.“ In dieses vermeintliche Naheverhältnis treibt Derrida also den markanten Titel, der gleichermaßen das Tier, das der Mensch also ist, meint wie auch jenes, dem der Mensch also folge. Damit eröffnet Derrida eine Distanz sowohl im als auch vor dem Begriff, die sich zu einer unabschließbaren sowie mitunter archaischen Jagd nach ebendiesem Tier auswachsen wird. Wir haben es mit einem Tier zu tun, dem wir folgen, das wir jagen und das wir in den verschiedensten kulturellen Ausformungen dieser Jagd doch immer wieder verfehlen (müssen), wiewohl auch uns selbst.