„Musste mehr und härter arbeiten“

Gudrun Senk, Geschäftsführerin bei den Wiener Linien

Als Gudrun Senk vor einigen Jahren berufsbegleitend ein Technikstudium begann, meinte ein Professor: Dass auch drei Frauen in der Lehrveranstaltung sitzen, sei schade um das Steuergeld. Denn die Frauen würden später ohnehin nur mit den Kindern daheimbleiben.

Senk erzählt diese Episode oft, um zu zeigen, „dass wir gesellschaftlich noch nicht da sind, wo wir hinsollten“. Sie selbst ist seit November 2022 Geschäftsführerin für den technischen Bereich bei den Wiener Linien, die seither eine rein weibliche Führungsspitze haben: Neben Senk führen Alexandra Reinagl und Petra Hums die Geschäfte des Verkehrsbetriebs.

Hätte es Senk, die früher auch in der Privatwirtschaft und bei börsenotierten Unternehmen tätig war, als Mann auf ihrem Karriereweg leichter gehabt? Durchaus, sagt sie. „Im Technikbereich musste ich als Frau immer mehr und härter arbeiten und eine bessere Leistung erbringen, damit ich als gleichwertig anerkannt wurde.“

Wien empfindet Senk, die selbst aus dem Waldviertel stammt, jedenfalls als frauenfreundlicher als manche ländliche Region, „weil die Diversität in der Stadt insgesamt eine größere ist; das Bewusstsein, dass auch Frauen eine Rolle spielen müssen und sollen, ist in der Stadt viel ausgeprägter“.

Dennoch gebe es in Wien immer noch zu wenige Frauen in wichtigen Positionen in Politik und Wirtschaft. „Es bewegt sich immer nur dann ein bisschen was, wenn irgendwo eine Frauenquote eingeführt wird. Das zeigt, dass wir den Frauentag leider immer noch brauchen“. Öffentliche oder teilöffentliche Betriebe seien da schon weiter, „hier wird mittlerweile sehr darauf geachtet, dass auch Frauen an Bord geholt werden“.

Hat man sich als Frau einmal ein Standing erarbeitet, „erkennen auch die männlichen Kollegen, wie wertvoll das ist, dann ist eine echte Parität möglich – dann wird es auch als Frau leichter“.

Insofern sei es auch wichtig, so die Wiener-Linien-Chefin, „dass es Frauen gibt, die vorn stehen und beweisen, dass es geht“ – als Vorbilder für junge Frauen. Der Frauentag sei daher auch ein guter Anlass, „damit wir Frauen uns selbst sagen: Trauen wir uns etwas, nutzen wir die Möglichkeiten, glauben wir an unser Potenzial“. Denn am Frauentag gehe es nicht nur darum, die Männer zu sensibilisieren, sondern auch darum, dass „wir Frauen ein Stück weit auch unsere Verantwortung wahrnehmen, dorthin zu kommen, wo wir hinwollen, gegen gesellschaftliche Widerstände und Selbstzweifel“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.03.2023)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.