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Der Bartleby der Oscar-Nacht

Hugh Grant hat in der Oscar-Nacht seinem Namen alle Ehre gemacht. Aber niemand sieht die literarische Kunst in seinen Antworten.

Hätte Hugh Grant sich an Herman Melville gehalten und wie dessen Romanfigur Bartleby, der Schreiber, einfach gesagt: „Ich möchte lieber nicht.“ Etwa: Ich möchte lieber nicht zu den diesjährigen Oscars gehen und mich auf dem beigen roten Teppich von Reporterinnen befragen lassen. Ich möchte lieber nicht über meine Minirolle in dem Netflix-Whodunit-Film „The Glass Onion“ sprechen. Und ich möchte lieber nicht sagen, wer meinen Anzug genäht hat.

So hätte uns Hugh Grant aber einen der unterhaltsamsten Clips der jüngsten, ohnehin Höhepunkt-armen Oscar-Nacht verwehrt. Großes Kino, wie der 62-jährige Brite da widerwillig einsilbige Antworten auf typische Red-Carpet-Fragen gab. Richard Lugners Gäste beim Wiener Opernball könnten sich davon etwas für künftige ORF-Interviews abschauen.



Wie viel Spaß er bei der Arbeit am Film „Glass Onion“ gehabt habe, probierte es die Moderatorin mit einer letzten Frage nach drei unterkühlten Antworten auf die ersten Fragen. Doch Hugh Grant blieb auch diesmal seinem Nachnamen treu: „Well, I'm barely in it, I'm in it for about three seconds.“ Reichlich „akward“ sei das Interview gewesen, schrieben manche Medien tags darauf. Ein kleiner Shitstorm war die Folge. Auch treue Fans sind enttäuscht. Niemand hat die Kunst in diesem Auftritt gesehen. Aber Herman Melville wäre stolz auf Hugh Grant.

Reaktionen an: anna.wallner@diepresse.com

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