Theaterkritik

In der Josefstadt wartet man auf die russische Revolution

Philine Hofmann
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Elmar Goerden inszeniert Gorkis „Sommergäste“, aktualisiert mit Lautpoesie und Feminismusdebatte, im Theater in der Josefstadt als desillusionierten Sommernachtstraum, der trotz viel Ennui nie wirklich fad wird.

Die Aufführung beginnt am verregneten Strand, mit den großen Worten: „So. Schluss für heute.“ Sie endet nach über drei Stunden am sonnigen Strand mit dem wundervollen Beach-Boys-Song „Good Vibrations“ und dem Satz: „Worauf soll ich jetzt warten?“ Dazwischen und vor allem danach fühlt man sich im Theater in der Josefstadt wie mit einer nicht blöden, aber sehr dialogintensiven Serie, die einem beim Binge Watching im Kopf quadriert wird.

Nein, das liegt nicht nur an der Inszenierung von Elmar Goerden, der das Stück ziemlich umgeschrieben hat. Das liegt auch am Stück selbst. Maxim Gorkis „Sommergäste“ lassen sich nicht in eine klare – um es auf postmodern zu sagen: in eine lineare – Handlung fassen; jeder Gymnasiast, der es für die Leseliste in eine Inhaltsangabe gießen wollte, müsste schier verzweifeln. Es geht um . . . – ja, worum geht es denn? Sagen wir: Es geht um eine saturierte, aber ganz und gar nicht zufriedene Gesellschaft, deren bewusstere Mitglieder spüren, dass es so nicht weitergeht. Warum nicht? Nun ja, wenn wir das interpretieren, dann nie außerhalb der Wirkungs- und Interpretationsgeschichte dieses Stücks. Das kurz vor der russischen Revolution 1905 uraufgeführt wurde und nach der russischen Revolution 1917 den neuen Machthabern als Sittenbild der vermeintlich dauerhaft gestürzten bürgerlichen Klasse galt.

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