Politischer Umbruch

Niederlande: Die Bauernbewegung, die die regierenden Eliten das Fürchten lehrt

Die Agrarfachjournalistin Caroline van der Plas (55) von der Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) ist die neue Politsuperheldin in den Niederlanden.
Die Agrarfachjournalistin Caroline van der Plas (55) von der Bauern-Bürger-Bewegung (BBB) ist die neue Politsuperheldin in den Niederlanden. ANP/AFP via Getty Images
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Bei den niederländischen Provinzwahlen errang die Bauern- und Bürgerbewegung BBB einen sensationellen Sieg. Sie bekämpft die Klimapolitik, punktet auch bei Städtern und macht die Konkurrenz in den Niederlanden ratlos.

Twenterand ist eine typische, nicht übermäßig bedeutsame Gemeinde mit mehreren separaten Ortsteilen und etwa 34.000 Einwohnern in der niederländischen Provinz Overijssel an der Grenze zu Deutschland nahe Münster. Sie liegt in einem endlos flachen Moor- und Ackerland, man betreibt Landwirtschaft, Gewerbe, Kleinindustrie. Die Häuser sind meist niedrig und aus rötlichen oder beigen Ziegeln, viele moderne Gebäude von gesichtsloser bis spröder Architektur. Die Straßen sind oft im typischen Fischgrätmuster gepflastert, und es gibt massenhaft Grün, Bäume, Büsche und Blumenbeete, in den Ortszentren ebenso wie in den Wohnvierteln mit ihren Gärten.

Fast drei Wochen nach den Wahlen zu den Parlamenten der zwölf niederländischen Provinzen ist auch hier so manches nicht mehr, wie es zuvor war. Die politische Landschaft im „Land der Tulpen“ hat sich massiv verändert, weil eine 2019 gegründete Partei, die sich zunächst auf Bauern und andere Landbewohner gestützt hat, aus dem Stand heraus in allen Provinzen und städtischen Ballungsräumen zur klar stärksten Kraft geworden ist. Eine Premiere in der Landesgeschichte.

Eine neue Magie. Ihr Kürzel – BBB – ist das neue Zauberwort im Land. Es steht für BoerBurgerBeweging (Bauern-Bürger-Bewegung), angeführt von der Landwirtschafts-Fachjournalistin Caroline van der Plas (55) aus Cuijk in der südlichen Region Nordbrabant, sie lebt in Overijssel. Ihre BBB gewann gut 19 Prozent der Stimmen bzw. 137 der 572 Sitze in den Provinzparlamenten. Allein die zweitstärkste Partei – die VVD des liberalkonservativen Premiers Mark Rutte – holte nur gut elf Prozent.

Twenterand, ja die ganze Region ist eine Hochburg der BBB geworden. Noch immer hängen dort überall Plakate mit dem Slogan „Iedere dag BBBeter“ (Jeden Tag BBBesser). An sich wird Twenterand auf Gemeindeebene von einem Bürgermeister der Christdemokraten (CDA) sowie mehrheitlich von Politikern der CDA, Christenunion (CU) und einer unabhängigen lokalen Bürgerliste regiert. CDA und CU aber wurden bei den Regionalwahlen halbiert. Nach der Schlappe erdreisteten sich deren Lokalgrößen, die Bauern-Bürger-Bewegung und die Einwohner generell aufzufordern, die BBB-Wahlplakate zu entfernen. Sogar mit Bußgeld wurde gedroht. Die Reaktion: Jetzt hängten Menschen aus Trotz weitere Plakate mit dem Slogan auf. Im Regionalradio TV-Oost sagten befragte Bürger: „Das hier ist unser Land. Das sind unsere Äcker. Die regierende Elite hat immer noch nichts begriffen.“ Was damit genau gemeint ist, dazu später.

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