Analyse

Opec+ treibt den Ölpreis hoch – und irritiert die Märkte

Saudi-Arabien geht als größter Ölexporteur  abermals beim Ausmaß der  Förderkürzung  voran. Im Bild: Kronprinz und  Premierminister Mohammed bin Salman.
Saudi-Arabien geht als größter Ölexporteur abermals beim Ausmaß der Förderkürzung voran. Im Bild: Kronprinz und Premierminister Mohammed bin Salman.
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Die Förderkürzung könnte den Preis heuer noch um weitere zehn Prozent anheizen, meinen Experten.

Die Reaktion des Marktes folgte auf dem Fuß. Und sie fiel gehörig aus. Nachdem die in der Allianz Opec+ zusammengeschlossenen Förderstaaten des Opec-Kartells rund um Saudi-Arabien und weiterer Länder unter der Ägide von Russland eine Förderkürzung angekündigt hatten, schnellten die Preise für Erdöl am Montag steil nach oben. Ein Barrel (159 Liter) der in Europa maßgeblichen Nordseesorte Brent zur Lieferung im Juni kostete am Nachmittag rund 85 Dollar. Das war um etwa sechs Prozent mehr als am Freitag. Der Preis für die gewöhnlich günstigere und leichte US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Lieferung im Mai stieg um sechs Prozent auf rund 80 Dollar.

Was die Opec+ macht

Was enthielt die Ankündigung der Opec+, dass die Preise derart stark reagierten? Kurz: Sie kam unerwartet und sie kam unerwartet heftig.
Im Kern geht es darum, dass die Opec+, die aus 23 Ländern besteht und die etwa 40 Prozent der globalen Ölförderung abdeckt, von Mai an die Produktion um 1,15 Million Barrel (je 159 Liter) pro Tag, also über ein Prozent der globalen Förderung drosseln wird. „Der Verband will wahrscheinlich sicherstellen, dass sich die Ölüberschüsse nicht bis in die zweite Hälfte des Jahres 2023 erstrecken, wo die meisten wirtschaftlichen Schwächen aufgrund der erhöhten Zinsen auftreten werden“, sagte Samy Chaar, Chefökonom der Schweizer Privatbank Lombard Odier, gegenüber der Agentur Reuters.

Einmal mehr geht Saudi-Arabien als weltweit größter Ölexporteur voran, indem es fortan um 500.000 Barrel weniger pro Tag aus der Erde holt. Aber auch andere Mitglieder der Allianz ziehen mit – so Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate und Algerien. Großförderer Russland, der mit einem westlichen Embargo auf Ölexporte belegt ist und daher auf neue Märkte gerade in Südostasien drängt, nimmt insofern an der Initiative teil, als er seine eigene Produktionskürzung, die mit Anfang März in Kraft getreten war und eigentlich bis Juni hätte enden sollen, nun bis Ende des laufenden Jahres fortsetzen will.

Die Opec+ selbst hatte bereits die Förderung ab November 2022 um zwei Mio. Barrel pro Tag reduziert gehabt.

Neue Inflationssorgen

Der neue Preisauftrieb bei Öl könne neue Inflationssorgen entflammen und die Ruhe an den Aktienmärkten stören, sagte Stratege Christian Henke vom Broker IG zu Reuters. „Der Ölpreis hat bekanntlich einen direkten Einfluss auf die Verbraucherpreise. Und Gegenwind von den Rohstoffen können die Marktteilnehmer im Augenblick gar nicht gebrauchen.“ Die Experten der Bank Goldman Sachs erhöhten ihre Prognose für Brent auf 95 Dollar pro Barrel bis Jahresende und 100 Dollar für 2024.

Da Öl in Dollar gehandelt wird, trieb der Anstieg bei Ölpreisen die US-Währung an. Der Dollar-Index, der den Kurs zu wichtigen Währungen widerspiegelt, gewann am Montag bis zu 0,5 Prozent. Die neu entflammten Inflationssorgen setzten unterdessen Staatsanleihen zu – Kurse stiegen, Renditen fielen.

Aktienmarkt reagiert stark

Am Aktienmarkt gaben die Ölpreise erwartungsgemäß europäischen Energiewerten Auftrieb. Papiere der Sektorriesen Shell, BP, TotalEnergies und Eni kletterten um jeweils vier bis fünfeinhalb Prozent. Auch in Österreich gewannen die OMV und der Ölfeldausstatter Schoeller Bleckmann (SBO) 3,1 beziehungsweise 2,4 Prozent.

Die Furcht vor steigenden Kerosinpreisen setzte dagegen den Airline-Aktien zu. Die Anteilsscheine des irischen Billigfliegers Ryanair stürzten um bis zu 3,6 Prozent ab. Der englische Rivale Easyjet verlor zeitweise bis zu 2,4 Prozent, Air France gaben bis zu 1,5 Prozent nach. Auch die Titel des Reiseriesen Tui, der Flüge mit seiner Airline-Tochter Tui Fly anbietet, fielen in London wie auch in Frankfurt in der Spitze um 2,4 Prozent bzw. 2,2 Prozent.

(Reuters/est)

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