Konzertkritik

Marc Almond: Zwielicht, Plüsch und Pathos-Pop

Marc Almond im Volkstheater.
Marc Almond im Volkstheater.(c) Nikolaus Ostermann
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Marc Almond passte bestens in die Zuckerbäcker-Architektur des Volkstheaters. Und sang auch Songs von David Bowie und Marc Bolan.

Auch wenn der Abend mit „Greatest Hits“ betitelt war, mit einem Potpourri abgedroschener Lieder war nicht zu rechnen. Dafür ist Marc Almond ein zu großer musikalischer Feinspitz. Dass er aber fürs fesch herausgeputzte Wiener Publikum von der bewährten Setlist seiner aktuellen Tournee abwich, war doch überraschend. Vielleicht weil er im bei Popstars beliebten Londoner Restaurant Wolseley so gern den dort angebotenen Kaiserschmarren speist?

An Süße mangelte es seiner Darbietung jedenfalls nicht. Mit der mysteriösen Zeile „Do you remember those hazy amber days?“ lockte er in sein dicht gewobenes Labyrinth aus Geheimnissen und Bekenntnissen. Schon das erste Lied war voll des nostalgischen Bedauerns über das unerbittliche Verfließen der Zeit. „We had no regard or respect, and a floor was a bed“, erinnerte er sich voller Emphase an die Kindheit. Der Knabe aus der Provinzstadt Southport hat schon früh die große Welt angestaunt. Cabaret Songs, Chansons, Schlager und Folklore, alles hat ihn interessiert und hat er in 42 Jahren Karriere gesungen. Sein großes Idol war David Bowie. Ihm konnte er während eines Konzerts im Hammersmith Odeon einmal kurz die Hand geben. Hat er ihn später je getroffen? Nein, dazu hatte er nie die Nerven.

Treffen mit Dana Gillespie

Dafür traf er jetzt in Wien Dana Gillespie, eine Jugendgespielin seines großen Helden. Almond ging ins Jazzland, um sie singen zu hören, dann waren die zwei noch gemeinsam im Clownmuseum.

Circensisch ging es auch an Almonds Galaabend her. Ein unsichtbares Orchestrion unterstützte die vier Musiker und zwei Backgroundvokalist(inn)en. Die Trompeten bei „Torch“ kamen aus dem Off, die Streicher in „Days Of Pearly Spencer“ waren unsichtbar. Auch die saftigen Synthesizerklänge in „Bedsitter“ schienen von Geisterhand gespielt. Doch die Hingabe, mit der der kleine Mann sang, machte derlei Sparmaßnahmen locker wett. „I'm totally fucked up“ beschimpfte er sich selbst, weil er eine Strophe von „Bedsitter“ irrtümlich ausgelassen hatte.

Mit viel Gusto lieferte er Raritäten: „Trashy“ etwa, eine Aneignung des Klassikers „Fever“ durch US-Songwriter, mit knackigem Kontrabasslauf. Jacques Brels schwungvolles Chanson „Jacky“ fungierte als Eisbrecher im letzten Drittel der Show. Jetzt riss es die Menschen aus den Sitzen. Mit weichen Bewegungen schmiegten sie sich an bekannte Melodien. Almond erwies Bowie mit „John I'm Only Dancing“ und Bolan mit „By The Light Of A Magical Moon“ Reverenz. Samt stimmlicher Exzentrizitäten: We Bowie kippte er jäh ins Falsett, wie Bolan verschleppte er kunstvoll meckernd die Vokale. Die faszinierendsten Momente waren aber jene, in denen sich Almonds Stimme gegen krachende Rhythmen behaupten musste. „Tears Run Rings“ etwa und natürlich „Tainted Love“ im Finale. Standing Ovations!

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