Energiewende

Künstliche Intelligenz soll Energiegemeinschaften verbessern

Wie können Private, die sich zur Energieerzeugung zusammenschließen, am besten profitieren? Für mehr Rentabilität tüfteln Forschungsteams an den Fachhochschulen Vorarlberg und Burgenland an Algorithmen: Anreize für das Geldbörsel sollen zum Gelingen beitragen.

Nachhaltig, vorzugsweise mit Fotovoltaik, Energie zu erzeugen und diese Energie auch effizient zu nutzen: Das ist das Ziel von Energiegemeinschaften. Genau 121 solche Zusammenschlüsse wurden in Österreich in den vergangenen knapp eineinhalb Jahren gegründet – seit das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz die rechtliche Grundlage dafür geschaffen hat. Sie alle sind bei der vom Klimaschutzministerium eingerichteten Koordinationsstelle aufgelistet.

„Damit die Energiewende wirklich gelingt, muss es aber mehr solche Gemeinschaften geben“, ist Peter Kepplinger vom Forschungszentrum Energie der FH Vorarlberg überzeugt. Er befasst sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, wie man Produktion und Verbrauch von Energie optimal und effizient steuern kann. Genau daran hapert es nämlich oft. Vor allem die zweifelhafte Wirtschaftlichkeit lasse viele vor dem Einstieg in eine Energiegemeinschaft zurückschrecken. „Die privaten Energieerzeuger investieren ja ihr eigenes Kapital. Ein rein ideelles Engagement, nur um etwas für die Umwelt zu tun, hat aber für die meisten seine Grenzen. Man möchte es letztlich schon auch im Geldbörsel spüren. Rentabilität wäre somit ein wichtiger Anreiz.“ Kepplinger leitet ein vor wenigen Wochen gestartetes, von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG finanziell unterstütztes Projekt, das sich mit diesem Thema auseinandersetzt. „Ziel ist es, technische Lösungen zu finden, um die einzelnen Komponenten einer Energiegemeinschaft so gut aufeinander abzustimmen, dass die Ziele der ökologischen Sinnhaftigkeit und der Wirtschaftlichkeit erreicht werden.“

Verbrauch und Erzeugung abstimmen

Der Ansatz, den die Forschenden verfolgen: „Wir müssen die Flexibilitäten innerhalb einer jeden Energiegemeinschaft nutzbar machen.“ Das heißt zum Beispiel, den Betrieb von Verbrauchern (wie Wärmepumpen) gezielt der Stromerzeugung sowie dem Betrieb anderer Komponenten anzupassen. Die bisherige Forschung habe gezeigt, dass sich dafür eine dezentrale Steuerungsstruktur am besten eigne. Kepplinger: „Jede Komponente hat dabei eine eigene Steuerungseinheit, und eine Ebene darüber gibt es den sogenannten Aggregator, der mit den einzelnen Steuerungseinheiten kommuniziert und das Gesamtsystem lenkt. Die einzelnen Einheiten haben aber sehr wohl auch Entscheidungskompetenz.“

Solche Systeme zu automatisieren sei aber gar nicht so einfach. „Es müssen nicht nur Energieerzeugung und Verbrauch berücksichtigt werden, sondern zum Beispiel auch interne Regeln der Gemeinschaft – beispielsweise, wenn ein bestimmter Verbraucher bevorzugt Energie nutzen darf, weil er das größte Investment eingebracht hat“, führt Kepplinger aus. Künstliche Intelligenz (KI) soll bei der Lösung dieser Optimierungsaufgaben helfen.

Im Rahmen des aktuellen Forschungsprojekts werden zunächst unter anderem Szenarien mit unterschiedlichen Parametern per Simulation durchgespielt. Die FH Burgenland als Kooperationspartner stellt unter Leitung von Christian Heschl vom Forschungscenter Building Technologies ihre mit voll digitalisierter Gebäudetechnik ausgestatteten Häuser für weitere Berechnungen und Versuche zur Verfügung. „Und schließlich wird es zudem um die Frage gehen, wie allfällige Überschussenergie der Gemeinschaft übergeordneten Netzen angeboten werden kann“, sagt Kepplinger.

Der Ausbau braucht Flexibilität

In Zahlen

Das Projekt dient auch dazu, an den beiden beteiligten Fachhochschulen Kompetenzen aufzubauen, die nötig sind, damit die erarbeiteten Technologien den Sprung in die Praxis schaffen. „Ladestellenbetreiber für E-Autos oder Batteriehersteller sind ja nicht darauf spezialisiert, auch noch Lösungen für ein Flexibilitätsmanagement zu erarbeiten“, gibt Kepplinger zu bedenken. „Hier können wir unsere Unterstützung anbieten.“ Eines steht für den Forscher fest: „Ein Ausbau der Energiegewinnung aus erneuerbaren Quellen und damit das Gelingen der Energiewende wird nur möglich sein, wenn wir Flexibilitäten optimal nutzen. Eine technische Lösung für die Umsetzung in Energiegemeinschaften wäre ein wichtiger Baustein.“121 Energiegemeinschaften gibt es derzeit in Österreich. Jede muss laut Gesetz mindestens zwei Mitglieder haben.

85 Prozent der in Österreich erzeugten Primärenergie stammen aus erneuerbaren Quellen. Die von den meisten Energiegemein-schaften genutzte Fotovoltaik steuert 1,9 Prozent bei. Für den Hauptanteil sorgt Wasserkraft.

450.000 Haushalte werden derzeit in Österreich mit Energie aus Fotovoltaikanlagen versorgt.

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