Raumfahrt

Japan greift nach dem Mond

Wird die erste private Mondlandung zum Beginn einer neuen Ära?
Wird die erste private Mondlandung zum Beginn einer neuen Ära? (c) IMAGO/ZUMA Wire (IMAGO/Slavek Ruta)
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Am Dienstag soll ein privates Raumschiff auf dem Mond landen. Das japanische Unternehmen Ispace will ein Zeitalter der Nutzung extraterrestrischer Ressourcen einläuten. Von unserem Korrespondenten

Tokio. Wenn alles gut geht, wird dieser Dienstag ein historischer Tag für die Menschheit. So sieht es jedenfalls Takeshi Hakamada, der seit Wochen nervös zuschaut, wie eine von seinem Unternehmen geplante und durchgeführte Mission den Mond ansteuert. „Dies ist der Aufgang der Mondökonomie“, hat der Tokioter Unternehmer Hakamada in einem Statement angekündigt. Als Chef und Gründer von Ispace wäre der Japaner dann wohl ein Star der Geschäftswelt.

Denn Ispace wäre das erste private Unternehmen, dem eine Mondlandung gelänge. Mit der Nasa hat Ispace bereits einen Vertrag abgeschlossen, um Weltraumproben zu sammeln und diese dann an die US-amerikanische Weltraumbehörde zu verkaufen. Demnach naht eine neue Ära, in der der Mond nicht mehr nur wissenschaftlich, sondern auch geschäftlich beackert wird.

Rohstoffe aus dem All?

Die erste Mission „Hakuto-R“ des japanischen Unternehmens hat Ende 2022 begonnen. Sie ist damit wesentlich länger auf dem Weg in Richtung Mond als etwa Missionen der Nasa, die kaum eine Woche brauchen. Hintergrund ist der erklärte Versuch, ressourcensparender unterwegs zu sein. Immerhin sieht sich das 2010 gegründete Unternehmen Ispace als Vorreiter einer nachhaltigen Ökonomie auf der Erde – die jedoch ohne Ausweitung menschlicher Aktivitäten ins All nicht möglich sei.

Auf der Website des Unternehmens heißt es: „Indem wir die lunaren Wasserressourcen nutzen, können wir Rauminfrastruktur entwickeln, die wir benötigen, um unser Leben auf der Erde zu bereichern ebenso wie unseren Lebensraum ins All auszuweiten.“ Das „ultimative Ziel“ des Betriebs, der zuvor zu den Finalisten des weit beachteten Wettbewerbs „Google Lunar Xprize“ zählte, sei es, Erde und Mond zu einem Lebensraum zu verschmelzen.

Der Mond als Müllinsel

Was „abgespaced“ klingen mag, wird in Politik, Forschung und Wirtschaft schon länger überlegt. So bestehen etwa Bemühungen, seltene Erden und andere Rohstoffe von fernen Planeten abzubauen. Auch der Gedanke, irdischen Müll ins All zu befördern, wird seit Jahrzehnten verfolgt. Allerdings stehen Untersuchungen dazu noch eher am Anfang. Umso wichtiger, sagt man sich bei Ispace, dass nun erstmals ein privatwirtschaftlich organisiertes Mondfahrtkommando mit einer Landung ende.

In Japan wäre dies auch aus staatlicher Perspektive ein Coup. Das ostasiatische Land, das nach dem verlorenen Zweiten Weltkrieg eine pazifistische Verfassung erhielt und über Jahrzehnte kaum in sein Militär investierte, verfolgt schon lang das Vorhaben, sich als Weltmacht im All zu etablieren. So erließ die Regierung vor eineinhalb Jahrzehnten ein Gesetz, das auch zu privatwirtschaftlichen Aktivitäten im All ermutigt.

Dabei vertraut das Raumschiff von Ispace längst nicht nur auf japanisches Know-how. Abgehoben ist es in Cape Canaveral in Florida mit einer Rakete des US-amerikanischen Unternehmens Space X. Auch hat die „Hakuto-R“-Mission einen Nasa-Satelliten mitgenommen. Zu den Robotern, die auf dem Mond platziert werden sollen, um Proben zu sammeln, gehört neben Entwicklungen aus Japan auch eine aus den Vereinigten Arabischen Emiraten.

China reagiert mit Spott

In den USA und in Japan betrachtet man das Projekt als Meilenstein der Kooperation zwischen den zwei Ländern. Zu erwarten, alle Welt würde bei dieser Initiative jubeln, wäre aber ein Irrtum.

In China kommentiert man die Vorhaben des eher ungeliebten Nachbarn mit Spott. Die Erforschung und Bewirtschaftung extraterrestrischen Raums offenbart sich indes auch als hochpolitische Angelegenheit. So titelte das auf den pazifischen Raum spezialisierte Nachrichtenportal „The Diplomat“ Anfang des Jahres: „Japan verändert das Spiel der Weltraummächte.“

Denn sollte Ispace als erstes Unternehmen mit Ressourcen aus dem All handeln, würde es sich – im Gegensatz zu chinesischen Konkurrenten – immerhin um einen Betrieb handeln, der von den Gesetzen eines demokratischen Staats reguliert werde.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.04.2023)

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