Wort der Woche

Bodenluft

Gase in den Bodenporen – genannt Bodenluft – spielen eine wichtige Rolle für den Nährstoffkreislauf und das Weltklima.

Der Boden ist die Überschneidungszone zwischen der Gesteinshülle der Erde, der Biosphäre, der Erdatmosphäre und der Hydrosphäre. Abhängig von Untergrundgestein, Klima und Bewuchs gibt es viele Bodentypen mit unterschiedlichstem Aufbau. Allen Böden gemein ist, dass sie alle drei Aggregatzustände vereinen: Mineralien und organische Substanz (Humus) bilden die festen Bodenpartikel (typischerweise 50 Prozent des Volumens), dazwischen gibt es Poren, in denen sich Wasser (25 Prozent) und Gase (25 Prozent) befinden.

Am wenigsten ist dabei über die Bodenluft bekannt. Dieser war nun bei der Generalversammlung der European Geosciences Union (EGU), zu der diese Woche mehr als 10.000 Forschende nach Wien kamen, eine eigene Session gewidmet. Dabei wurde deutlich, welch entscheidende Rolle die Gase im Boden für den Nährstoffkreislauf und für das Weltklima spielen.

Obwohl Boden und Atmosphäre in Austausch stehen, unterscheidet sich die Zusammensetzung der Bodenluft deutlich von jener der Luft, die wir atmen: Sie enthält weniger Sauerstoff und viel mehr CO2, Methan, Lachgas, Ammoniak und andere Spurengase (etwa flüchtige organische Verbindungen/VOC). Diese sind größtenteils Produkte von Mikroorganismen, die die organische Substanz abbauen, und Ausscheidungen von Pflanzenwurzeln – und allesamt (direkt oder indirekt) höchst wirksame Treibhausgase.

Die Zusammenhänge sind dabei äußerst komplex. So weiß man z. B., dass Bäume bzw. Wälder viel Methan ausstoßen – aber rätselhaft war bisher, wie und warum. Bei der EGU-Konferenz haben Forschende um Holly Blincow (Uni Lancaster) von starken Indizien berichtet, dass der Großteil des Methans nicht direkt von den Bäumen, sondern aus feuchtem Waldboden stammt. Gleichzeitig gibt es aber auch Prozesse im Boden, die Methan abbauen. So legten nun Forschungsgruppen aus Polen, Brasilien und Spanien Befunde vor, wie durch veränderte Bodenbewirtschaftung (etwa Waldweide, pfluglose Landwirtschaft oder erweiterte Fruchtfolgen) die Methan-Emissionen vermindert werden können und dass insbesondere trockene Standorte als Methan-Senken dienen könnten.

Noch fügen sich derartige Erkenntnisse nicht zu einem großen Bild. Doch die Forschenden betonen, dass solches Wissen über biogeochemische Vorgänge im Boden für den Klimaschutz essenziell ist – schließlich befindet sich im Boden doppelt so viel Kohlenstoff wie in der Atmosphäre.


Der Autor leitete das Forschungsressort der „Presse“ und ist Wissenschaftskommunikator am AIT.

meinung@diepresse.com

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.04.2023)

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