Therapy Speak ist Trend, ein zweischneidiges Schwert.
Serie: Gefühlssache

"Nicht jeder ist gleich Narzisst oder hat Borderline"

Psychologischer Fachjargon ist populär geworden. Was die Entstigmatisierung fördert, verwässert allerdings auch Diagnosen.

In einer defekten WC-Anlage berät der Highschoolschüler Otis (Asa Butterfield) seine Mitschülerinnen und Mitschüler – als Sexualtherapeut. Die vermeintliche Expertise hat er sich von seiner Mutter (Gillian Anderson) abgeschaut, ihre Sitzungen belauscht und Notiz genommen. So der grobe Handlungsstrang der Netflix-Serie „Sex Education“, im Wesen aufklärerisch, tabubrechend, einfühlsam. Sie markiert einen Wandel im Umgang mit Emotionen und Sexualität. Im letzten Jahrzehnt hat sich die Zahl jener jungen Menschen, die psychotherapeutische Hilfe beziehen, laut Krankenkasse Barmer mehr als verdoppelt, einer Studie der deutschen Bundespsychotherapeutenkammer zufolge werden psychische Erkrankungen heute weniger stigmatisiert.

Daraus ergibt sich in jüngeren Generationen und sozialen Medien eine Sprache, die ganz selbstverständlich von psychologischen Begriffen und Störungsbildern Gebrauch macht. „Dass darüber gesprochen wird, ist zunächst einmal gut. Nur das ,Wie‘ ist bedenklich“, sagt Carla Brandstetter, Psychoanalytikerin in Ausbildung unter Supervision. Die inflationäre Verwendung von Fachjargon nimmt die 27-Jährige im privaten Umfeld, aber auch in ihrer beruflichen Praxis wahr.

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