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Slash 1/2: Keine halben Schreck-Sachen

Mia Goth in "Pearl".
Mia Goth in "Pearl".(c) Slash 1/2
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Der Frühjahresableger des Wiener Slash-Filmfests zeigt ab Donnerstag Action, Horror und Fantasy im Filmcasino.

Bevor im Herbst das „ganze“ Slash-Filmfestival in die 14. Runde geht, ist es ab heute, Donnerstag, wieder Zeit für dessen Komplement, das Slash 1/2. Im Wiener Filmcasino werden dabei bis Samstagnacht Action, Horror und Fantastik von hinten nach vorn projiziert, dazwischen wiegen wir uns in Sicherheit.

Zu Recht? Ist die Unterscheidung von sicherem Innen und schrecklichem Außen nicht ebenso Projektion? Eine Frage, die über das Kinogeschehen hinausweist, in die Alltagsrealität – und auf die manche der zehn Filme im diesjährigen Mini-Festival-Programm eine Antwort haben.

Am Anfang von „Infinity Pool“ etwa stellt Regisseur Brandon Cronenberg mit einem schwindelerregenden Kameramanöver eine Welt auf den Kopf, die verwandt ist mit der echten, neokolonialen. Der Urlaub im Luxusresort gerät hier aus den Fugen, als ein Autor (Alexander Skarsgård) einen Einheimischen totfährt. Darauf steht im Inselparadies die Todesstrafe, die allerdings auch an einem Klon vollzogen werden kann. Superreiche erhalten in dieser Sci-Fi-Horror-Farce dergestalt Freifahrtscheine zum Sau-Rauslassen: Dran glauben müssen ja nur ihre Dubletten (und etwaige Autochthone), die Blutspur zieht sich dabei von der Gated Community durchs verarmte Außen.

Ein Dorfkino als Keimzelle des Bösen

Dem ach so kritischen Kino- und TV-Trend des Bonzen-Bashings folgt Cronenberg aber nicht: Die groteske Prämisse seines Films verführt weniger zum Ressentiment gegen Reiche, lässt vielmehr erahnen, dass das Übel System hat.

Mia Goth macht in „Infinity Pool“ eine ebenso gute Psycho-Figur wie in Ti Wests zuckerlbuntem „Pearl“, der „X“ – Wests schlauen und schlüpfrigen Vorjahres-Slasher – um eine Vorgeschichte ergänzt. Der titelgebenden Antiheldin mit Star-Ambitionen wird ein Dorfkino anno 1918 zum Sehnsuchtsort. Ihr Traum, vor häuslichem Fürsorgezwang in Leinwandwelten zu fliehen, wird ihr von der Terror-Mama aus- und Pearl so in den Wahnsinn getrieben. Auch hier brütet das irre Innen Gewalt in der Außenwelt aus.

Ähnlich wie im slowakischen Gruseldrama „Nightsiren“: Eine abergläubische Dorfgemeinschaft projiziert darin ihr patriarchales Übel auf Außenseiterinnen („Hexen“). Ist das Kritik an Männerherrschaft? Oder – in seiner Feier des mystischen Bundes zwischen Frau und Natur – nicht eher Matriarchats-Kitsch, mit dem besagte Herrschaft ganz gut leben kann? Um das herauszufinden, muss man ins Filmcasino, in die Projektionen hinein.

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