Grace Bumbry war die erste schwarze Sängerin in Bayreuth, jeder Auftritt ein Ereignis. Nun ist die Wahlwienerin mit 86 gestorben.
Die „schwarze Venus“: Das Epitheton ist unausweichlich, wenn von Grace Bumbry die Rede ist. Sie war 24, als sie bei den Bayreuther Festspielen im „Tannhäuser“ debütierte. Wieland Wagner, unermüdlich auf der Suche nach jungen Talenten, die imstande waren, eine Rolle voll und ganz zu erfüllen, hatte die junge Sängerin aus St. Louis im US-Bundesstaat Missouri entdeckt und auf die Wagner-Festspielbühne geholt. Es war eine Zeit, da auch viele von Bumbrys amerikanischen Landsleuten meinten, eine schwarze Sängerin sei zwar in Gershwins „Porgy and Bess“ gut aufgehoben – aber Wagner?
Die „schwarze Venus“ schaffte den Durchbruch. Sie war vokal wie optisch überwältigend, Sinnbild jener verführerischen Kräfte, die im Venusberg beschworen werden mussten, um das Drama in Gang zu bringen. Wie damals ging es bei Grace Bumbry auch in der Folge immer ums Ganze. Sie war ein musikdramatisches Ereignis. Wäre sie „nur“ Sängerin gewesen, hätten akustische Kleinkrämer ihr allerhand vorzuwerfen gehabt – vor allem die Tatsache, dass sie doch eigentlich ein Mezzo war, aber gern in Sopran-Regionen wilderte.