Forschungsfrage

Warum soll man manche Lebensmittel nicht aufwärmen?

Eine Sauce aus frischen kultivierten Champignons aus dem Supermarkt, die nach dem Abkühlen in den Kühlschrank gestellt wird, kann bedenkenlos am nächsten Tag aufgewärmt und gegessen werden.
Eine Sauce aus frischen kultivierten Champignons aus dem Supermarkt, die nach dem Abkühlen in den Kühlschrank gestellt wird, kann bedenkenlos am nächsten Tag aufgewärmt und gegessen werden.(c) Inago
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Für Erwachsene ist aufgewärmtes Essen meist unproblematisch. Kleine Kinder sollten bei nitratreichem Gemüse wie Spinat vorsichtig sein.

Meine Großmutter hat mir erzählt, dass man Spinat oder Pilzgerichte nicht aufwärmen soll“, sagt Doris Marko, die Leiterin des Instituts für Lebensmittelchemie und Toxikologie der Uni Wien. „Diese Information stammt aus der Zeit, in der Essen lang auf dem Herd warmgehalten und Lebensmittel nicht im Kühlschrank aufbewahrt wurden.“ Wie ist es nun genau?

Auch wenn es inzwischen möglich ist, Pilze und Spinat thermisch zu behandeln und dann einzufrieren, wie bei Tiefkühlkost üblich, sei zu beachten, dass sich in Lebensmitteln Stoffe bilden können, die sie schwerer verdaulich werden lassen oder die sogar krebserregend sein können. Außerdem kann es zu Verderb durch Mikroorganismen kommen, wenn Lebensmittel nicht richtig behandelt und gelagert werden. Es gilt also zu differenzieren: Eine Sauce aus frischen kultivierten Champignons aus dem Supermarkt, die nach dem Abkühlen in den Kühlschrank gestellt wird, kann bedenkenlos am nächsten Tag aufgewärmt und gegessen werden. „Etwas anders ist die Situation bei Spinat, Mangold und anderen Gemüsen, die dazu neigen, Nitrat anzureichern. Nicht optimal gekühlt oder zu schwach erhitzt, verwandelt sich das Nitrat in Nitrit“, erklärt Marko. „Dies kann sich negativ auf empfindliche Menschen, beispielsweise Kleinkinder, auswirken.“

Höhere Werte im Winter

Nitrit beeinflusst nämlich das Sauerstoff transportierende Hämoglobin der roten Blutkörperchen. Es wird zu Methämoglobin, das die Transportfunktion nicht erfüllt, weil das im Hämoglobin enthaltene Eisen oxidiert und die Anziehungskraft für Sauerstoff verliert. „Während der Körper Erwachsener geschützt ist, können Säuglinge und Kleinkinder diese Veränderung nicht oder nur schlecht ausgleichen. Sie sollten keinen aufgewärmten Spinat oder andere nitratreiche Gemüse essen“, so Marko, die sich in ihrer Forschung u. a. mit der toxischen Relevanz von Nanopartikeln im Verdauungstrakt, mit Schimmelpilzgiften oder dem Potenzial und den Risiken von Nahrungsergänzungsmitteln befasst.

Im Winter enthält Gemüse generell mehr Nitrat als im Sommer, weil es weniger Licht hat. Auch Boden, Dünger und Wasserqualität spielen für die Nitratwerte eine Rolle. Wie Spinat und Mangold enthalten auch Rucola, Rote Rüben, Radieschen oder Kren viel Nitrat, werden aber selten erhitzt und sind deshalb harmlos.

Nitrat ist aber nicht nur negativ zu sehen. Es kann im Körper zur Bildung von Stickoxid genutzt werden, das die Gefäße erweitert und damit den Blutdruck senkt. Für Erwachsene hat auch eine begrenzte Umwandlung von Nitrat in Nitrit über wieder erhitztes Gemüse keine negativen Folgen. Kritisch wird es, wenn Nitrit durch Reaktion mit Eiweißbestandteilen in krebserregende Nitrosamine verwandelt wird.

Doch Nitrit kann nicht nur in nitratreichem Gemüse gebildet werden. In Form von Nitritpökelsalz wird es Fleisch- und Wurstwaren absichtlich zugesetzt. Bei großer Hitze, etwa beim Grillen oder Braten, können sich Nitrosamine bilden – die sich im Tierversuch als krebserregend erwiesen haben. Eine neue Stellungnahme der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit Efsa hat gepökeltes Fleisch, verarbeiteten Fisch, Kakao und Bier als wichtigste Aufnahmequellen für Nitrosamine identifiziert.

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