Parlamentswahl

Ein konservativer Triumph in Griechenland

Mitsotakis konnte das Ergebnis für die konservative Nea Dimokratia (ND) nach vier schwierigen Jahren an der Macht nicht nur halten, sondern mit 40,8 Prozent der Stimmen sogar ausbauen.
Mitsotakis konnte das Ergebnis für die konservative Nea Dimokratia (ND) nach vier schwierigen Jahren an der Macht nicht nur halten, sondern mit 40,8 Prozent der Stimmen sogar ausbauen.(c) REUTERS (LOUIZA VRADI)
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Die Partei des amtierenden Ministerpräsidenten Mitsotakis landet auf Platz eins. Mit einem Erfolg der Konservativen war zwar gerechnet worden, das Ergebnis überrascht dennoch in seiner Höhe. Die Regierungsbildung dürfte schwierig werden, ein zweiter Wahlgang gilt als wahrscheinlich.

Sieger der griechischen Parlamentswahlen vom 21. Mai waren also die regierenden Konservativen mit ihrem Ministerpräsidenten Kyriakos Mitsotakis. Das war schon vor der Wahl prognostiziert worden. Und doch rieben sich alle, Politiker, Meinungsforscher, Wähler überrascht die Augen, als das Wahlergebnis feststand. Denn die konservative Nea Dimokratia (ND) hatte nach vier schwierigen Jahren an der Macht ihr Ergebnis von 2019 (39,9 %) nicht nur gehalten, sondern mit 40,8 Prozent der Stimmen sogar ausbauen können. 20 Prozent Vorsprung auf die zweite Partei, die linke Syriza von Ex-Premier Alexis Tsipras (20,1 %) – das ist mehr als ein Sieg, das ist ein Triumph.

Mitsotakis hatte noch am Wahltag in einem Zeitungsinterview klargemacht, dass es um eine einfache Frage geht: „Vorwärts oder – rückwärts“. Gleichzeitig warb er für „Stabilität“ und warnte die Wähler vor einer „Regierung der Verlierer“ - gemeint war eine eventuelle Koalitionsregierung von Syriza mit der sozialistischen Pasok, aber auch anderen linken, antisystemischen Kleinparteien. Wie es den Anschein hat, sprach diese Botschaft die Stimmbürger an. Nach dem schwierigen Jahrzehnt der griechischen Schuldenkrise wollten sie den bescheidenen Aufschwung der letzten vier Jahre stützen und nicht mit Experimenten, wie instabilen Koalitionsregierungen, aufs Spiel setzen.

Trotz Krisen gewählt

Die Arbeitslosigkeit sank in den letzten vier Jahren von 19 Prozent auf rund elf Prozent, die Mindestlöhne wurden leicht angehoben, gleichzeitig gab man Millionen kleinen Selbstständigen durch gesenkte Arbeitgeberbeiträge, Covid-Stützungspakete und das folgende Wirtschaftswachstum eine Zukunftsperspektive. Die nach wie vor im europäischen Vergleich sehr niedrigen Einkommen und das ausgehöhlte Arbeitsrecht ließen zwar in weiten Teilen der Bevölkerung keine Euphorie für Kyriakos Mitsotakis aufkommen  – doch hat man ihn gewählt. Der sprichwörtliche Spatz in der Hand war den Wahlbürgern lieber als die Taube auf dem Dach.

Demokratiepolitische Defizite und mögliche Rechtsbrüche, wie sie beim Abhörskandal der Regierung, aber auch in der Migrationspolitik offenkundig wurden, haben die Wähler hingegen kaum beeindruckt. Auch das Zugsunglück von Tempi, das chronische Schwächen der Verwaltung zeigte, hat der Regierung anscheinend nur bei jungen Wählern geschadet.

Alexis Tsipras hingegen warb noch diese Woche für einen „Wechsel“ und trat für eine schonungslose Aufarbeitung der Skandale der ND-Regierung ein. Er dürfte die Stimmung im Wahlvolk völlig verkannt haben: Es wünschte nicht einen Wechsel, sondern genau das Gegenteil, nämlich die Fortsetzung und den Ausbau des Aufschwungs. Aber die Parole des „Wechsels“ ist auch aus einem anderen Grund nicht mehr glaubwürdig. Tsipras gehört inzwischen für viele Wähler genauso zum Establishment wie seine politischen Gegner. Er ist nicht mehr der strahlende Volkstribun, der 2015 ebenfalls für einen „Wechsel“ eintrat. Denn auch er musste schließlich in seiner Amtszeit 2015 bis 2019 ein von den europäischen Gläubigern aufgezwungenes Sparpaket durchsetzen.

Zweiter Wahlgang wahrscheinlich

Noch am Wahlabend ließ Premier Mitsotakis durchblicken, dass er einen zweiten Wahlgang anstrebt, um eine Alleinregierung bilden zu können. Sein Sieg sei, wie er sagte, der Beweis, dass das Wahlvolk „eine Alleinregierung wünscht“, gleichzeitig äußerte er sich abschätzig über den „Basar“ von Koalitionsverhandlungen. Nach dem bei dieser Wahl gültigen System des einfachen Verhältniswahlrechts erhielt er lediglich 145 von 300 Sitzen im Parlament. Für eine absolute Mehrheit fehlen ihm also noch sechs Sitze. Beim nächsten Wahlgang würde ein verstärktes Verhältniswahlrecht zur Anwendung kommen, was einen „Bonus“ an Sitzen für die stimmenstärkste Partei bedeutet.

Auch die Pasok, logischer Partner der ND, zeigt momentan keine ernsthafte Bereitschaft zu Koalitionsverhandlungen mit den Konservativen. Der junge Parteichef Nikos Androulakis feierte das Ergebnis von 11,6 Prozent wie einen Wahlsieg. Offensichtlich setzt er auf eine zusätzliche Verbesserung des Resultats zulasten von Syriza.

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