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Goldexperten: Rezession verzögert sich, aber sie kommt

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GoldkursAPA/dpa/Sven Hoppe
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Die Autoren des „In Gold We Trust“-Reports rechnen mit einer heftigen Rezession. Die lasse sich aber Zeit – so wie das auch die Inflation getan hat.

„Die Notenbanken sind in einem Trilemma“, stellte Ronald Stöferle, Co-Autor des von der liechtensteinischen Fondsgesellschaft Incrementum alljährlich herausgegebenen Goldreports, bei der Präsentation dieser Studie am Mittwoch fest. Sie müssten die Inflation bekämpfen, eine Rezession verhindern und die Stabilität der Finanzmärkte gewährleisten. Alles gleichzeitig werde nicht gelingen.

Nachdem die Notenbanken das Problem der sich anbahnenden Inflation jahrelang nicht erkannt hätten, seien sie nun zur späten Erkenntnis gelangt, dass die Inflation doch nicht temporär sei, und hätten eine geldpolitische Vollbremsung hingelegt.
Doch diese werde genauso schwere Folgen haben wie die lockere Geldpolitik davor. Auch die Inflation habe sich lang Zeit gelassen, um dann mit voller Wucht zuzuschlagen. „Der Faktor Zeit wird hinsichtlich der Auswirkungen der Zinserhöhungen deutlich unterschätzt“, meint Stöferle. Derzeit spüre man erst die Vorwehen der Rezession, die nächstes Jahr ihren Höhepunkt erreichen werde.

Bankenkrise droht

Gegenwärtig deuteten mehrere Vorindikatoren auf eine Rezession hin. Zudem sei auf fast jede Zinsanhebungsphase eine Rezession gefolgt, und die laufende Erhöhungsphase sei die zweitsteilste seit 1967, stellt Mark Valek, Co-Autor des Goldreports, fest. Nur 1980/81 habe die US-Notenbank Fed die Zinsen noch rascher angehoben. Derzeit drohe eine Bankenkrise am Horizont. „Künstliche Booms sind regelmäßig die Folge von Niedrigzinsen und Liquiditätsflutungen, die anschließenden Zinserhöhungen führen zu Insolvenzen, Rezession und oftmals zu entsprechenden Kurseinbrüchen.“

Doch nun die gute Nachricht: Gold ist die einzige Assetklasse, die sich in allen Rezessionsphasen gut hält und vor allem am Anfang stark ansteigt. Derzeit kostet eine Feinunze Gold (31,1 Gramm) 1980 Dollar, die Experten rechnen zum Jahresende mit einem Preis von 2300 Dollar. Die Vorjahresprognose von 2200 Dollar Ende 2022 ist nicht erreicht worden. Man habe aber auch nicht damit gerechnet, dass die Fed die Zinsen auf 5,25 Prozent anhebe, sagt Stöferle. Angesichts dessen sei es sogar erstaunlich, wie gut sich der Goldpreis halte, der in fast allen Währungen (außer dem US-Dollar) erst kürzlich ein Rekordhoch eingestellt hat. An ihrer Langfrist-Prognose von 4821 Dollar im Jahr 2030 halten die Experten fest.

Aktien würden erst am Ende einer Rezessionsphase wieder gut laufen, das würde im konkreten Fall bedeuten, dass sich Anleger bis Mitte 2024 auf Turbulenzen einstellen müssten – sofern die laufende Rezessionsphase eine idealtypische ist. Minenaktien würden erst am Ende einer Rezession wieder kräftig anziehen.

123 Maß Bier für eine Unze Gold

Um auch inflationsbereinigt einen Rekord zu erreichen, müsste der Goldpreis übrigens auf 2500 Dollar klettern, das letzte nominelle Hoch ist im Sommer 2020 bei 2080 Dollar erreicht worden. Dass Gold langfristig der Inflation trotzt, zeigen zwei Vergleiche: Für eine Feinunze Gold erhielt man auf dem Oktoberfest in München zuletzt 123 Maß Bier. Das war weniger als 2012 (137 Maß), aber mehr als 1971 (48 Maß). Im Schnitt konnte man seit 1950 mit einer Feinunze Gold 90 Maß Bier bezahlen. Ähnliches gilt für das jeweils teuerste iPhone, welches seit 2007 im Schnitt 0,8 Feinunzen Gold kostet.

Sprich: Gold hilft über die Jahre und Jahrzehnte beim Erhalt der Kaufkraft. Und das werde in den kommenden Jahren an Bedeutung gewinnen, denn die Inflation entwickle sich zu einem strukturellen Problem, sagt Stöferle. Sowohl in den USA als auch in der Eurozone erweise sich die Kerninflation (ohne Energie und Nahrungsmittel) als besonders hartnäckig.

Auch wenn es derzeit nach einer Abschwächung der Teuerungsraten aussehe: Wenn die Rezession zuschlage, werde den Notenbanken nichts anderes übrig bleiben, als die Geldschleusen wieder zu öffnen. Auch andere Faktoren, etwa die Alterung der Gesellschaft, sprächen für eine nachhaltig höhere Inflation.

Schwellenländer holen auf

Langfristig zeichnet sich indes eine geopolitische Verschiebung ab: Hielten zu Beginn des Jahrtausends die Industriestaaten noch einen Großteil der Zentralbanken-Goldreserven, holen nun die Schwellenländer auf. Um das Jahr 2050 könnten sie die Industriestaaten überholt haben. Derzeit befinden sich 24.722 Tonnen in den Händen der Industrie- und 10.786 Tonnen in den Händen der Schwellenländer.

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