USA: Budgetschlacht um Obamas Sparkurs

(c) REUTERS (JIM YOUNG)
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Der Präsident legte ein Rekorddefizit von 1,65 Billionen Dollar und ein Sparpaket von 1,1 Billionen vor. Die Strukturprobleme bleiben jedoch unangetastet. Ziele sind eine Halbierung des Defizits in zwei Jahren.

Washington. Die Steuerzahler waren auf Schlimmes gefasst. Auf 1,48 Billionen Dollar hatte das Budgetbüro des Kongresses vor wenigen Wochen das US-Defizit für 2012 hochgerechnet – ein Rekorddefizit, das die ärgsten Erwartungen übertraf. Jetzt kommt es sogar noch schlimmer. Der Budgetentwurf, den Präsident Barack Obama am Montag dem Kongress zur Vorlage schickte, weist ein Minus von 1,65 Billionen Dollar aus. Dies entspricht fast elf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Der US-Etat für 2012 umfasst ein Volumen von 3,73 Billionen Dollar.

Zugleich setzte Obama im Kampf gegen die galoppierenden Staatsschulden, die mit 14 Billionen Dollar inzwischen ein bedrohliches Ausmaß angenommen haben, den Sparstift an. 1,1 Billionen Dollar an Einsparungen stellte er für einen Zeitraum von zehn Jahren in Aussicht: zu wenig drakonisch wie seine Kritiker im republikanischen Lager finden, zu rigoros, wie Linksdemokraten monieren.

Der Präsident sucht den Mittelweg, um nur ja nicht die aufkeimende Konjunktur abzuwürgen – und die Wähler nicht zu sehr abzuschrecken. Die Ökonomen unterstützen mehrheitlich die abwägende Position des Weißen Hauses, drängen aber in den kommenden Jahren auf drastischere Einschnitte, die über bloße kosmetische Einsparungen hinausgehen und sich den Strukturproblemen zuwenden. Gemeint sind vor allem explodierende Kosten bei der Sozialversicherung und den staatlichen Gesundheitsprogrammen Medicare und Medicaid, die mehr als die Hälfte des Budgets ausmachen und unangetastet blieben.

„Heilige Kühe schlachten“

Experten fordern zumindest die teilweise Schlachtung der „heiligen Kühe“. Sie halten eine Anhebung des Rentenalters von 65 Jahren für unausweichlich. Dies urgierte zuletzt eine überparteiliche Kommission, die das Weiße Haus eingesetzt hatte. Ihre Sparvorschläge summierten sich auf vier Billionen Dollar für die nächsten zehn Jahre. Ungewiss ist überdies, ob die Gesundheitsreform die Kosten für Medicare und Medicaid reduziert, wie Obama versprochen hat. Die Skepsis überwiegt.

Beim zweiten Löwenanteil des Gesamtbudgets, den Militärausgaben, hat die Regierung in Kooperation mit Verteidigungsminister Robert Gates bereits reagiert. Eine Reform sieht Kürzungen von 78 Mrd. Dollar vor, die sich aus einer Verringerung des Truppenanteils und der Streichung von Rüstungsprogrammen rekrutieren. Die anschwellenden Ausgaben bei der Gesundheits- und Pensionsvorsorge der Soldaten blieben aber tabu.

Während der Präsident in Baltimore die elfprozentige Erhöhung für Bildung, Forschung und Infrastruktur propagierte, breiteten in Washington sein Budgetdirektor Jack Lew und Wirtschaftsberater Austan Goolsbee die Details des Sparprogramms aus. Wie alle Bundesbeamten sind sie mit einem Gehaltsstopp konfrontiert, der dem Finanzministerium unter dem Strich 400 Mrd. Dollar einbringen soll. Gehen die öffentlich Bediensteten mit gutem Beispiel voran, so trifft es auch die Ärmsten, etwa durch die Reduktion der Heizkostenbeihilfe.

Vorläufige Ziele sind eine Halbierung des Defizits in zwei Jahren und eine Absenkung auf drei Prozent in fünf Jahren. Ohne Steuererhöhung kommen die Obama-Pläne indes nicht aus. 2013 soll die umstrittene Steuererleichterung für die reichsten zwei Prozent der Amerikaner wegfallen, die mehr als eine Viertelmillion Dollar verdient. Zudem sollen auch die Steuervorteile für die Öl- und Gasbranche aus der Bush-Ära auslaufen.

Den Republikanern, die im Repräsentantenhaus die Mehrheit innehaben, sind die Vorschläge zu zaghaft. Unter dem Druck der Tea Party, die sich für eine Zerschlagung von Ministerien und Bundesbehörden wie der Umweltschutzbehörde EPA ausspricht, verschärften sie ihre Forderungen. Im Vorjahresbudget, das noch nicht verabschiedet ist, wollen sie noch 61 Mrd. Dollar einsparen. Obamas Demokraten steht eine harte Budgetschlacht bevor.

Auf einen Blick

Sparprogramm. Barack Obama hat für einen Zeitraum von zehn Jahren ein Sparpaket von 1,1 Billionen Dollar vorgestellt. Neben einem Gehaltsstopp für Bundesbeamte trifft es in erster Linie die Militärausgaben. 78 Mrd. Dollar soll die Streichung von Rüstungsprojekten einbringen. Einschnitte bei der Sozialversicherung und den Gesundheitsprogrammen Medicare und Mediciad blieben dagegen aus. Die Opposition gibt sich damit nicht zufrieden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2011)

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