Atrium lässt Julius Meinl beschatten

JULIUS MEINL V
JULIUS MEINL V(c) EPA (Harald Schneider)
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Julius Meinl beklagt sich über eine "Bespitzelungsaktion" durch Atrium-Agenten. Der Einsatz von Detektiven sei ein "legitimes Mittel", kontert Atrium.

Wien/Höll. Die Auseinandersetzung zwischen der Meinl Bank und der Immobiliengesellschaft Atrium (frühere Meinl European Land) um 2,1 Mrd. Euro entwickelt sich zu einer Art Thriller: Die Meinl Bank wirft Atrium vor, Agenten eingesetzt zu haben, die Julius Meinl V. systematisch bespitzelt haben sollen. „Julius Meinl und andere wurden beschattet, fotografiert und solcherart einer bedrohlichen Situation ausgesetzt“, behaupten Vertreter der Bank.

Unter den „Atrium-Agenten“ soll sich eine Person befunden haben, die in London im Zusammenhang mit einem Auftragsmord festgenommen wurde. Meinl-Bank-Vorstand Peter Weinzierl fordert Atrium auf, derartige „Unterweltmethoden“ einzustellen. „Offenbar soll hier versucht werden, einzelne Menschen systematisch und mit allen Mitteln fertigzumachen.“ Er will vom Atrium-Management wissen, warum wegen Mordes verdächtige Personen auf „unschuldige Menschen“ abgestellt werden.

Atrium bestreitet, „Unterweltmethoden“ angewendet zu haben. Die Immobiliengesellschaft habe einen Privatdetektiv angeheuert. Dieser sollte nur feststellen, wo Julius Meinl V. seinen Wohnsitz habe. „Wir haben Julius Meinl V. mehrmals aufgefordert, uns darüber Auskunft zu nehmen“, sagte Atrium-Sprecherin Saskia Wallner (Ketchum Publico) zur „Presse“.

„Keine bedrohliche Situation“

Weil die Antwort ausgeblieben sei, habe Atrium einen Detektiv engagiert. „Das ist ein legitimer Schritt. Es ist nie zu einer bedrohlichen Situation gekommen“, versichert Wallner.

Auf den ersten Blick mag der Streit um den Lebensmittelpunkt von Julius Meinl V. grotesk erscheinen. Tatsächlich geht es hier um viel Geld. Atrium hat vergangenen Sommer beim „High Court of Justice“ in London eine 2,1-Milliarden-Euro-Klage eingebracht. Julius Meinl V. und einer Reihe anderer Personen wird vorgeworfen, Atrium-MEL systematisch geschädigt zu haben. Laut Atrium wurde London als Gerichtsort gewählt, weil Julius MeinlV. britischer Staatsbürger sei und seinen Wohnsitz in London habe.

Hinsichtlich der Kosten ist es ein großer Unterschied, ob die Justiz in Großbritannien oder in Österreich eingeschaltet wird. Hierzulande machen die Gerichtskosten 1,25 Prozent des Streitwerts aus – im konkreten Fall etwas mehr als 26 Mio. Euro. In Großbritannien wird dagegen eine relativ niedrige Pauschalsumme (einige tausend Pfund) verrechnet.

Nach Einsatz des Detektivs hat sich für Atrium die Ansicht verhärtet, dass sich Julius Meinl V. viel in London aufhalte und daher das dortige Gericht zuständig sei. Genau das wird von der Meinl Bank bestritten: „Julius Meinl V. hat zwar einen Wohnsitz in London, doch sein Lebensmittelpunkt befindet sich in Österreich. Er zahlt auch in Österreich Steuern“, betont Banksprecher Thomas Huemer. Er geht davon aus, dass frühestens im Sommer 2011 in erster Instanz über den Gerichtsstandort entschieden wird. Wann es um den Inhalt der Klage gehen wird, ist dagegen völlig offen.

Die Firma MEL wurde einst von der Meinl Bank gegründet und an die Wiener Börse gebracht. Im Frühjahr 2008 übernahmen die US-Bank Citigroup und der israelische Immobilienfonds Gazit Globe das Ruder. Sie tauften MEL in Atrium um. Wenig später entwickelte sich zwischen den Atrium-Vertretern und Meinl eine tiefe Feindschaft. Atrium wirft Julius Meinl V. vor, bei den mutmaßlichen Malversationen „Mastermind“ und „Anstifter“ gewesen zu sein. Meinl bestreitet dies. Vergangenen Herbst brachte die Meinl Bank eine Klage gegen Atrium in der Höhe von 1,2 Mrd. Euro ein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2011)

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