Sitzenbleiben: Österreich international im Mittelfeld

(c) APA (Harald Schneider)
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Die Franzosen wiederholen am häufigsten eine Klasse. In Ländern mit gegliedertem Schulsystem - etwa AHS und Hauptschule - ist das Sitzenbleiben weit verbreitet.

Das Sitzenbleiben an den Schulen ist keine österreichische Spezialität. Im EU-Vergleich liegen die heimischen Schüler vielmehr im Mittelfeld: Laut einer von der EU-Kommission in Auftrag gegebenen Studie haben in Österreich rund neun Prozent aller 15-jährigen Schüler mindestens einmal eine Klasse wiederholt.

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Besonders oft sitzengeblieben sind die 15-Jährigen in Frankreich bzw. dem französischsprachigen Teil Belgiens (37 Prozent), besonders selten haben sie in Island, Großbritannien und Slowenien eine Klasse wiederholt.

Interessantes Ergebnis der Studie: Der Prozentsatz der Sitzenbleiber hat weniger mit den gesetzlichen Regeln und den Leistungen der Schüler eines Landes zu tun, sondern primär mit der Schulkultur und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen.

Automatisches Aufsteigen selten

Das automatische Aufsteigen in die nächste Klasse ist nur in wenigen Ländern Usus: Island und Norwegen kennen kein Sitzenbleiben, Bulgarien und Liechtenstein zumindest im Volksschulbereich nicht. Auch in Großbritannien bleiben die Klassen im Regelfall die gesamte Pflichtschulzeit zusammen.

Alle anderen Staaten kennen grundsätzlich das Sitzenbleiben, wobei die Regelungen im Detail unterschiedlich sind. So ist in manchen Staaten etwa die Anzahl der Klassenwiederholungen pro Schüler begrenzt. Sitzenbleiben kann etwa durch Extra-Unterricht oder (ähnlich wie in Österreich) Extra-Prüfungen abgewendet werden.

Eltern müssen zustimmen

Unterschiedlich sind auch die Instanzen, die bei der Entscheidung über das Sitzenbleiben mitwirken: Vereinzelt (vor allem im Volksschulbereich) müssen die Eltern zustimmen, in anderen Ländern haben sie Mitbestimmungsrechte oder dürfen das Sitzenbleiben sogar selbst beantragen.

In den meisten Fällen liegt die Letztentscheidung aber bei den Lehrern, manchmal auch beim Schuldirektor. Dass in Österreich Eltern die Möglichkeit offensteht, gegen das Sitzenbleiben ihrer Kinder mit einem Rechtsmittel bei der Schulbehörde vorzugehen, ist übrigens nicht selbstverständlich.

Für die Studie wurden Daten der PISA-Studie mit gesetzlichen Regelungen verglichen. Ergebnis: Es gibt keinen klaren Zusammenhang zwischen der Gesetzeslage und der Sitzenbleiberrate. Der Grund für die deutlichen Unterschiede in den einzelnen Staaten liege in der Einstellung der Lehrer und Eltern.

Differenzierte Schule - mehr Sitzenbleiber

Zusammen mit Belgien, Deutschland, Luxemburg, den Niederlanden, Litauen, Liechtenstein und der Slowakei gehört Österreich zu den Ländern mit einem gegliederten Schulsystem. Statt des Sitzenbleibens können Schüler dort in einen anderen Schultyp (etwa die Hauptschule) wechseln.

Bemerkenswert: Trotzdem gehören alle Länder mit gegliedertem Schulsystem - Slowakei und Litauen ausgenommen - zur Gruppe jener Staaten, in denen Sitzenbleiben weit verbreitet sind.

(APA)

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