Schmied will Sitzenbleiben abschaffen, ÖVP bremst

Schmied will Sitzenbleiben abschaffen
Schmied will Sitzenbleiben abschaffen(c) APA (Harald Schneider)
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Die Unterrichtsministerin will das Sitzenbleiben in der Oberstufe durch ein Kurssystem ersetzen. Auch Wissenschaftsministerin Karl befürwortet ein Kurssystem, sie wartet aber auf einen konkreten Vorschlag Schmieds.

Mit der von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) am Mittwoch angekündigten stufenweisen Umstellung von AHS-Oberstufe und berufsbildenden mittleren und höheren Schulen (BMHS) auf ein Kurssystem ab 2012 soll dort auch das Sitzenbleiben der Vergangenheit angehören. Schmied stützt dabei ihre Hoffnungen auf das ÖVP-Bildungskonzept.

Doch der Koalitionspartner steht auf der Bremse: Ja zum Kurssystem, das Klassenwiederholungen weitgehend verhindern soll. Sie erwarte jetzt aber einen konkreten Vorschlag Schmieds, betonte Wissenschaftsministern Beatrix Karl (ÖVP) am Freitag.

ÖVP: Sitzenbleiben als Ultima Ratio

In ihrem Bildungsprogramm hatte die ÖVP sich in puncto Sitzenbleiben nicht nur klarer positioniert, sondern sogar weitgehendere Reformen als die von Schmied angekündigten gefordert: Nicht nur in der Oberstufe, auch in der Neuen Mittelschule (NMS) und der AHS-Unterstufe sollen Schüler nur noch die Module wiederholen, in denen sie Defizite haben. Die Wiederholung einer ganzen Klasse solle "Ultima Ratio" werden, betonte Karl bei der Präsentation Anfang Jänner.

Nun hieß es von Karl nur, sie sei "zu Gesprächen bereit". Die wesentlichen Rahmenbedingungen für eine Umsetzung wie etwa ein entsprechendes Fördersystem würden nämlich noch fehlen. Auch Ex-SP-Vizekanzler Hannes Androsch, Initiator des Bildungsvolksbegehrens unter dem Motto "Österreich darf nicht sitzen bleiben", spricht sich gegen punktuelle Ankündigungen aus. Er unterschreibe die Zielsetzung, "aber man muss auch die Voraussetzungen dafür schaffen".

Automatisches Aufsteigen selten

Das Sitzenbleiben an Schulen ist laut einer EU-Studie kein österreichisches Spezifikum, das automatische Aufsteigen in die nächsthöhere Klasse ist nur in wenigen Ländern wie Island und Norwegen Usus. Was den Anteil an Schülern angeht, die bis zum 15. Lebensjahr mindestens einmal eine Klasse wiederholt haben, liegt Österreich mit rund neun Prozent im Mittelfeld.

Rund 40.000 Schüler pro Jahr sind in Österreich nicht aufstiegsberechtigt. Rund zwei Drittel von ihnen wiederholen tatsächlich eine Klasse, wobei das laut einer Studie der Statistik Austria oftmals nicht zu besseren Leistungen führt. An AHS-Oberstufen und BMS erreichen mehr als 35 Prozent auch beim zweiten Durchgang nicht das Klassenziel, an BHS und AHS-Unterstufen sind es rund 27 Prozent, an Hauptschulen 17,3 Prozent.

Grüne: "Stoff eines Faches wiederholen"

Die Grünen fordern schon lange die Einführung einer modularen Oberstufe. "Wenn ein Fach unzureichend abgeschlossen wurde, muss es reichen, den Stoff dieses Faches zu wiederholen. Alle anderen Gegenstände ein zweites Mal anzuhören und ein Jahr zu verlieren, ist überflüssig und kontraproduktiv", so Harald Walser in einer Aussendung.

Unterstützung für die Pläne Schmieds kommt auch von der Arbeiterkammer (AK): "Diese Entlastung der Kinder und Eltern ist längst überfällig", so AK-Präsident Herbert Tumpel. Das BZÖ rekalmierte den Vorschlag Schmieds gleich für sich und will im Parlament gleich einen entsprechenden Antrag stellen. Ablehnung kam lediglich von der FPÖ, die "linke Spaßpädagogik" am Werk sieht.

Modulare Oberstufe

Seit mittlerweile acht Jahren laufen Schulversuche zur sogenannten "modularen Oberstufe", bei denen Sitzenbleiben durch das Wiederholen einzelner Module ersetzt werden kann. Derzeit wird das Modell österreichweit an 15 Schulen erprobt.

Die "modulare Oberstufe" geht zwar über das von Unterrichtsministerin Claudia Schmied (SPÖ) geplante Kurssystem hinaus, in puncto Sitzenbleiben ähneln sich die Modelle aber. Trotz negativer Absolvierung eines Moduls/Kurses muss der Schüler nicht das ganze Jahr wiederholen.

(APA/Red.)

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