Coca-Cola: Großes Rätsel der Menschheit gelöst?

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Mitarbeiter einer Radioshow wollen in einer alten Zeitung den ursprünglichen Text jenes bis heute geheimen Rezepts gefunden haben, das der Apotheker Pemberton anno 1887 zum Patent angemeldet hat - aus dem Coca-Cola wurde.

Chicago/Wien/Red. Manche Geschichten sind wie Kometen: Sie kommen mit Sicherheit alle Jahre wieder und sorgen für Aufregung. So wie auch jetzt: Der US-Radiosender „Chicago Public Radio“ will die Originalrezeptur für das braune Erfrischungsgetränk Coca-Cola gefunden haben.

Das Rezept, das der US-Apotheker John Pemberton bis 1886 entwickelt und aufgeschrieben hat und das seither geheim gehalten wird, sei 1979 auf unspektakuläre Weise in der in Atlanta (Georgia) erscheinenden Zeitung „Atlanta Journal Constitution“ abgedruckt worden und offenbar keinem aufgefallen. Konkret war ein Foto abgebildet, das von der betreffenden Seite des alten Rezeptbuches gemacht worden sein soll.

Schützenhilfe durch Cola-Historiker

Als Wiederentdecker des Berichts gibt sich Radiomoderator Ira Glass, der im erwähnten Sender die (zumindest in den USA bekannte) Sendung „This American Life“ moderiert. Der 50-Jährige, der vor allem durch eine riesige schwarze Nerd-Hornbrille auffällt, ließ ihn vom Historiker Mark Pendergrast überprüfen, der u. a. Bücher zur Geschichte des Kaffee- bzw. Cola-Trinkens schrieb. Und der meint, dass es sich ums Originalrezept handle. Oder zumindest um eine Variation.

Demnach habe Coca-Cola zwei Komponenten: erstens eine Mischung, die man den „7 X-Geschmack“ nennt. Dazu nehme man acht Unzen (eine Unze ≈ 28,3 Gramm) Alkohol sowie Orangenöl (20 Tropfen), Zitronenöl (30), Muskatöl, (10), Korianderöl (5), Pomeranzenblütenöl (10) und Zimtöl (10). Die zweite Komponente besteht aus zwei US-Pints (ca. ein Liter) Limettensaft, einer Unze Vanille, drei Unzen Zitronensäure, eineinhalb Unzen Karamell, einer Unze Koffein, zweieinhalb Gallonen (9,5 Liter) Wasser und 30 Pfund (je nach Definition 11,2 bzw. 13,5 Kilogramm) Zucker. Dazu gebe man drei „drams“ Extrakt aus Kokablättern; ein dram ist in den USA sowohl ein Gewichts- als auch ein Hohlmaß und wird je nachdem mit 1,77 Gramm bzw. 3,7 Milliliter umgerechnet, wobei sich Glass nicht festlegt, welches Maß gemeint ist.

In fünf Gallonen (19 l) der Komponente zwei gebe man zwei Unzen „7 X“-Essenz und voilà, das soll das Ur-Cola sein. Glass hat eine Firma beauftragt, daraus Cola zu brauen. Bei einer ersten Verkostung des Sirups habe sich herausgestellt, dass er wenig mit dem heutigen „Coke“ zu tun habe und mehr nach Medizin mit Fruchtaroma schmecke, allerdings sei der Unterschied wohl in den modernen Massenproduktionsmethoden begründet.

Seitens des Coca-Cola-Konzerns kam ein Dementi: Das Rezept sei nicht jenes, das man tatsächlich nutze. Zudem ist auch die Aussage Pendergrasts mit Skepsis zu betrachten: Der hat nämlich bereits anno 2000 in seinem Buch „For God, Country and Coca-Cola“ behauptet, die wahre Formel gefunden zu haben, nämlich aufgrund von Notizen eines Mitarbeiters von Pemberton. Seine Formel sowie die jetzt angeblich wiederentdeckte stimmen in der Tat fast völlig überein.

Vom Gesundheitselixier zur Limonade

Pemberton (1831–1888) hatte seit Ende der 1860er mit süßen Elixieren experimentiert, die auch Kokain enthielten und als Gesundheitstonikum angepriesen wurden. Im Juni 1887 ließ er sich seine Formel patentieren, da er aber für seine Morphiumsucht Geld brauchte, verkaufte er die Rechte fast umgehend an den Geschäftsmann Asa Griggs Candler aus Georgia (1851–1929), der 1892 in Atlanta die Coca-Cola-Company gründete und das Getränk zu einem Welthit machte. Das Rezept wird schärfer als manch Staatsgeheimnis gehütet, angeblich kennen es nur eine Handvoll Personen. Seither behaupteten aber immer immer wieder Menschen, das Originalrezept entdeckt oder rekonstruiert zu haben. Kokain wird indes schon lange nicht mehr benutzt: Die US-Chemiefirma „Stepan“ importiert aus Bolivien und Peru jährlich rund 100 Tonnen Kokablätter und gewinnt daraus Kokain für medizinische Zwecke. Die entkokainisierten Blätter gehen an Getränkefirmen wie Coca-Cola – und Red Bull.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.02.2011)

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