Mit dem Slogan Bewegung findet Stadt wird in Wien Werbung für Sport und Fitness gemacht. Der Marathon ist ein Selbstläufer, aber in vielen Bereichen herrscht Aufholbedarf.
Steht der Marathon auf dem Programm, putzt sich die Sportstadt Wien richtig heraus. Das geschieht aber nicht nur aus sportlichem Interesse, sondern dient auch Tourismus- und Werbezwecken. Immerhin liefert die durch Sponsorgelder ermöglichte Live-Übertragung im ORF so beeindruckende Bilder, dass neue Besucherströme und Buchungen in der Bundeshauptstadt garantiert sind.
Ein Marathon schmückt aber mittlerweile die Visitenkarte jeder großen Stadt. Es ist ein Event, das nur einmal im Jahr stattfindet und dessen Dimension Alltagsprobleme vergessen lässt. Über Sport in Schulen und Kindergärten wurde lange keine fruchtbare Diskussion mehr geführt. Immerhin wird über Konzepte für Lauf- und Radwege in Wien gestritten. In Erinnerung bleibt ein eher plump anmutender Slogan: Bewegung findet Stadt.
Dafür drehen weiterhin unverdrossen Schauergeschichten ihre Runden, in denen kolportiert wird, dass kleinere Vereine bei Magistratsbeamten um Platzzeiten betteln müssen. Von Subventionen, wie sie im Spitzensport – womöglich aus politischen Motiven – ausgeschüttet werden, kann der Amateursport nur träumen. Eine Umverteilung, sei es nur minimalen Ausmaßes, scheint undenkbar.
Das Wehklagen schlecht bis gar nicht unterstützter Sportarten stimmt in das Jammern des Gesundheitsministers und der Krankenkasse ein, die ihrem System ob steigender Patientenzahlen eine Kostenexplosion prophezeien. Aus dieser Sicht absolvieren auch sie gemeinsam einen Marathon. Und zwar jeden Tag.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.04.2011)
