Handel: Geschäfte machen, aber sparsam

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Bei Geschäftsflächen gelten längere Mietverträge als bei Bürostandorten. Auch deshalb wird Energieeffizienz aus Sicht von Mietern und Investoren zum Wettbewerbsvorteil.

Die Developer und Investoren von Handelsflächen stehen vor den gleichen Herausforderungen wie jene von Büroflächen. Es bleibt keine Alternative, als Shoppingcenter nachhaltig zu errichten oder sie zu sanieren. Denn Handelsstandorte werde noch „längerfristiger ausgesucht als solche für Büros“, erklärt Michael Ehlmaier, geschäftsführender Gesellschafter von EHL Immobilien. Während bei den Büroflächen die Verträge selten länger als für zehn Jahre abgeschlossen werden, können es bei Handelsstandorten auch 20 Jahre sein. „Daher ist der Faktor Nachhaltigkeit für den Mieter von Handelsflächen sehr wichtig. Die Nettomiete ist verhandelbar, die Betriebskosten sind es nicht“, so Ehlmaier.

Vorgaben und Standards

Dies gilt besonders für viele große Handelsketten bei der Auswahl ihrer Filialen in Shoppingcenter. Friedrich Wachernig, Vorstand Sparkassen Immobilien, meint: „Es gibt internationale Vorgaben für Standards, und die Unternehmen verlangen diese. Einige Firmen mieten sich überhaupt nur in zertifizierten Gebäuden ein.“ Aber nicht nur Mieter sind an umweltschonenden Flächen interessiert, sondern auch Investoren. Und so sind „Objekte die nachhaltig gebaut sind und diverse Zertifikate haben, auch leichter wieder veräußerbar“, so Ehlmaier.

Wobei energieeffiziente Planung bei Shoppingcenter-Flächen weitaus schwieriger zu realisieren ist als bei Büroflächen. Die einzelnen Unternehmen setzen unterschiedliche Store-Konzepte um, auf die der Developer wenig Einfluss hat und „daher muss man darauf achten, dass man die Allgemeinflächen wirtschaftlich führen kann“, so Wachernig. Trotz aller Aspekte der Nachhaltigkeit muss man sich bei den Handelsflächen „den Marktgegebenheiten anpassen“, erklärt Hermann Klein, IG Immobilien Geschäftsführer. „Man darf nicht vergessen, dass das Gebäude auch benutzbar sein muss. Bei einer Mall kann ich nicht nur kleine Glasflächen einsetzen, das geht an dem Konzept eines Einkaufszentrums vorbei.“

Werthaltigkeit bedeutet über Umweltfreundlichkeit hinausgehend die „Erhaltung des Wertes“ eines Gebäudes. Etwas einfacher als bei Shoppingcenter ist dieses Thema bei Einheiten wie Lebensmittelmärkten zu realisieren. Und dies tun die Großen wie Spar oder Rewe bereits. So hat die Rewe-Gruppe in Österreich schon 385 Energiesparmärkte. 2008 wurde Billa als erstem Supermarkt in Europa das Green-Building-Zertifikat der EU verliehen, nach zahlreichen weiteren Auszeichnungen folgte das DGNB-Vorzertifikat der ÖGNI in Gold für die Billa-Filiale in Perchtoldsdorf („Die Presse“ berichtete). Ein Engagement, das sich langfristig rechnet, denn „im Schnitt liegen wir in den Energiesparmärkten bei einer Reduktion von 35 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs“, erklärt Peter Breuss, Technischer Direktor Rewe International.

Herausforderung Umbau

Bei Spar riss man im Zuge der Sanierung eines Supermarktes im oberösterreichischen Hartkirchen einen Teil des Altbestandes ab. Dieser wich dem Neubau des Verkaufsraumes. Die größte Herausforderung bei dieser Umgestaltung lag darin, ein ölbeheiztes, veraltetes Gebäude ohne Kühlung zu einem neuen, modernen Markt umzubauen. Realisiert wurde dies unter anderem durch den Einbau einer Industriebodenheizung, über die der Verkaufsraum und sämtliche Nebenräume gekühlt werden, sowie durch eine Kälte-Wärme-Verbundanlage, die sowohl die Kühl- und Tiefkühlmöbel als auch die komplette Heizanlage steuert.

Auch vonseiten der Finanzierer wird dem Gedanken der Werterhaltung Rechnung getragen, so Bank-Austria-Real-Estate-Chef Reinhard Madlencnik: „Letztendlich geht es ja nicht darum, dass das Gebäude unmittelbar mehr wert ist, sondern darum, dass es länger mehr wert ist.“

Neben dem Energieverbrauch spielt aber ebenfalls der Standort eine entscheidende Rolle. Denn was hat ein Shoppingcenter-Betreiber von einer energieeffizienten Mall, wenn die Kunden ausbleiben? „Nachhaltigkeit im Handel bedeutet, dass die Flächen langfristig wirtschaftlich sind“, erklärt die Geschäftsführerin von RegioPlan Consulting, Hanna Bomba-Wilhelmi. Und so zählen nicht nur für große Mieter auch Einzugsgebiete, Kaufkraft und die demografische und wirtschaftliche Entwicklung zur nachhaltigen Standortwahl. Auch das 13. Shoppingcenter-Symposium von RegioPlan am 12. Mai in Wien steht unter dem Thema: „Nur echte Werte haben Bestand“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2011)

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