Kloster: Die armenischen Mönche aus der Neustiftgasse

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Vom Mechitaristen-Orden, der seit 200 Jahren ein Kloster in Wien-Neubau betreibt, ist vor allem eines bekannt: der berühmte Kräuterlikör, der im Kloster hergestellt und in einem eigenen Geschäft verkauft wird.

Wien. Am Anfang steht der Alkohol. Denn es ist der Kräuterlikör „Mechitharine“, der am Beginn jedes Besuchs hier steht. Hier, das ist das Mechitaristenkloster in Wien-Neubau. Und der Likör ist das nach außen hin sichtbarste Zeichen dafür, dass in dem imposanten Gebäude in der Mechitaristengasse ein kleiner Orden von Mönchen lebt und arbeitet. Und das seit mittlerweile 200 Jahren.

Es war im Februar 1811, als Kaiser Franz I. einer Gruppe armenischer Mönche das frühere Kapuzinerkloster in der Vorstadt zuwies. Und noch heute leben und arbeiten fünf bis sechs Patres hier. Und das weitgehend unauffällig, wenn man eben vom „Mechitharine“ absieht, der im Kloster hergestellt und schräg gegenüber in einem eigenen Geschäft unter die Leute gebracht wird.

Das Geschäftslokal mit seinem grellen Portal und den vielen Flaschen in der Auslage ist das auffälligste Zeichen. Doch wäre es zu kurz gegriffen, die Mechitaristen ausschließlich darauf zu reduzieren. Schließlich gibt es hinter den Mauern des Klosters einiges mehr zu entdecken – mithilfe von Pater Vahan, der in der Kongregation unter anderem für die Führungen durch das Haus verantwortlich ist.

Bedeutende Bibliothek

Rund 4000 Menschen führt der 53-Jährige pro Jahr durch das Kloster, Pensionisten, Schüler – und auch Touristen, vor allem Menschen mit armenischen Wurzeln. Denn eine der Sehenswürdigkeiten im Kloster ist die viertgrößte armenische Bibliothek der Welt. An die 150.000 Bücher in armenischer Sprache haben sich hier angesammelt, darunter auch rund 28.000 wertvolle Handschriften.

Das wiederum hängt mit einer der wichtigsten Zielsetzungen des Ordens zusammen. Als der 1676 geborene Mechithar von Sebaste im September 1701 in Konstantinopel einen Orden gründete, formulierte er als eines der wichtigsten Anliegen die Bewahrung der kulturellen Werte der armenischen Nation, unter anderem auch der armenischen Sprache.

Wien ist neben Venedig der wichtigste Stützpunkt der Mechitaristen, daneben gibt es auch noch ein Seminar in der armenischen Stadt Awan, aus dem auch der Nachwuchs rekrutiert wird. Allerdings: „Das Nachwuchsproblem ist sehr groß“, sagt Pater Vahan. Es ist schwierig, junge Männer für das Leben im Kloster zu gewinnen. Vor allem, weil nur junge Männer armenischer Abstammung Mechitaristen werden dürfen. Und der Großteil der Armenier gehört noch dazu der Armenisch Apostolischen Kirche an – im Gegensatz zu den Mechitaristen, die zur katholischen Kirche gehören.

Immerhin, der Orden kann sich nach wie vor weitgehend selbstständig finanzieren. Durch den Verkauf des Likörs, durch Mieten aus eigenen Liegenschaften und durch Führungen. Eine weitere Geldquelle, die eigene Druckerei im Kloster, ist allerdings vor etwa zehn Jahren weggefallen. „Aus Kostengründen“, sagt Pater Vahan, habe man die Druckerei schließen müssen. Man habe mit modernen Druckmaschinen und Computern einfach nicht mehr mithalten können.

Wichtig für das Weiterbestehen des Ordens sind deswegen auch Spenden der Gläubigen. Etwa 500 bis 600 Menschen werden von den Patres betreut, für sie werden regelmäßig Messen in Altarmenisch gelesen. Ort dafür ist die an das Kloster angeschlossene Kirche Maria Schutz.

Jene Kirche ist es auch, in der das 200-Jahr-Jubiläum stilvoll zelebriert wird. Heute, Karsamstag, findet das erste Hochamt im frisch renovierten Gotteshaus statt. Am Ostersonntag, der heuer auf den Gedenktag des Genozids an den Armeniern fällt, wird es ein weiteres Hochamt geben.

Die eigentlichen Jubiläumsfeiern beginnen mit 12.Mai – an diesem Tag bringt die Post eine Sondermarke heraus. Höhepunkt ist schließlich der 8.September, der Gründungstag des Ordens. Bei dieser Feier wird selbstverständlich auch wieder „Mechitharine“ gereicht – denn nicht nur am Anfang steht der Alkohol.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.04.2011)

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