Fekter hängt beim Budget in den Seilen

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Der Finanzpfad bis 2015 ist ein Fall für den Reißwolf oder das Recycling: Die neue Finanzministerin hat leider die Boxhandschuhe im Innenressort zurückgelassen.

Leitartikel

Gemessen daran, dass vielen Politikern oft zu Recht mangelnde Kompetenz angekreidet wird, ist Maria Fekter als Finanzministerin eigentlich überqualifiziert. Die Kieswerks-Unternehmerstochter hat nicht nur daheim im Betrieb mitbekommen, was Wirtschaften heißt. Für die studierte Betriebswirtin sind Bilanzen und Buchhaltung keine Fremdwörter. Fekter hat zudem selbst zuletzt stolz betont, dass sie als ÖVP-Vizechefin statt des nun zurückgetretenen Obmanns Josef Pröll im Kampf mit den Ministern um den Finanzplan bis 2015 schon mitten im Ring gestanden sei. Daher muss sie sich eine Woche nach ihrer Angelobung als Finanzministerin nun Buhrufe gefallen lassen, weil sie schon in der Aufwärmrunde für die noch kommenden Budgetschlachten bedenklich wankt.

Diesen Finanzrahmen bis 2015, den die Regierung am Mittwoch beschlossen hat, sollte sie gar nicht dem Parlament übermitteln, sondern entweder dem Reißwolf oder besser einer budgettechnischen Recyclinganlage übergeben. Das Papier, das die Parlamentarier im Mai abnicken sollen, ist schon jetzt Makulatur. Und das in vollem Wissen der neuen Ressortchefin. Denn Fekter hat am Mittwochabend bei ihrem Debüt vor Journalisten in ihrer neuen Funktion ein Steuerreformpaket der ÖVP rechtzeitig bis 2013 angekündigt. Wie dieser mit neuen Wahlzuckerln gefüllte Schuldenrucksack auf der eben erst festgelegten Budgetmarschroute geschultert werden kann? Das hätte Fekter vermutlich selbst gern gewusst.


Da ist die von der ÖVP sonst gern als „Schuldenpartei“ gebrandmarkte SPÖ zumindest ehrlicher. Von SPÖ-Chef Werner Faymann abwärts bis zum Portier des Gewerkschaftsbundes fordern mittlerweile alle eine Vermögenssteuer, vulgo Reichensteuer, mit der die „G'stopften“ (SPÖ-Bundesgeschäftsführer Kräuter) Milliarden zur gleichzeitigen Steuerentlastung der Arbeitnehmer abliefern sollen.

Die neue Finanzministerin hat zwar verbal seit ihrem Amtsantritt mehrfach die „Schuldenbremse“ gezogen. Sie hat mit gewohnt strenger Miene betont, jeder Minister müsse Reformen vorweisen, bevor er mehr Geld aus der Staatskasse erhält. Blöd ist nur, dass die Kontrollore des Rechnungshofs sie nur einen Tag später eines Besseren belehren: So steigen die Ausgaben für Pensionen stark und fressen beträchtliche Teile des Budgetkuchens. Auch die Zinslast wird immer größer. Inzwischen ist es so, dass auch ohne die Aufwendungen für die Zinsen der Staat neue Schulden machen muss, um den „laufenden Betrieb“ der Republik finanzieren zu können.

Die Finanzministerin hält zwar weitere Eingriffe bei den Pensionen für nötig. Freilich erst 2014, was aber Aufgabe von „Fachminister“ Hundstorfer sei. Dabei müsste doch Fekter als dreijähriges Mitglied der rot-schwarzen Regierung wissen, dass die SPÖ-Notbremse gegen Eingriffe bei den Pensionen stets besser funktioniert als die viel öfter beschworene zum Abbau der Staatsschulen.


Das vom Rechnungshof ebenfalls angeprangerte Verstecken der Milliardenbelastungen der ÖBB geht noch auf die Kappe ihres Vorgängers Josef Pröll. Aber wenn seine Nachfolgerin nun den neuen Finanzstabilitätspakt mit den anderen Gebietskörperschaften dermaßen rühmt, lügt sie sich dabei in die eigene Staatskasse. In der Vergangenheit haben sich weder Bund noch Länder noch Gemeinden um diesen Pakt geschert. Wohl verweist Fekter jetzt auf neue Sanktionsmöglichkeiten für Wiederholungstäter beim Plündern der öffentlichen Kassen. Zwischen Afiesl im Mühlviertel und Eisenkappel in Kärnten ist alles ganz ruhig, weil Länder– und Gemeindechefs von angedrohten Strafen tief geschockt sind, oder?

Fekter hat als Finanzministerin gemäßigtere Töne angekündigt. Gut, sie muss ja nicht die Budget-Herrin spielen. Leider hat sie beim Ressortwechsel die Boxhandschuhe zurückgelassen. Als Innenministerin hat sie mitunter Schläge unter der Gürtellinie ausgeteilt. Als Hüterin der Staatsfinanzen sollte sie jetzt nicht gleich ihre resolute Haltung in der Garderobe abgeben. Gegenüber ihren Regierungskollegen und den Landespolitikern geht sie sonst k.o. S. 1, 2

E-Mails an: karl.ettinger@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.04.2011)

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