Shermin Langhoff: Die Postmigrantin aus Berlin

Postmigrantin Berlin
Postmigrantin Berlin(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
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Die gebürtige Türkin wird sich auch mit den Migrantenszenen in der Wiener Vorstadt befassen.

„Am Fuße des Gebirges Ida, wo die Götter wohnen“: So schön beschreibt Shermin Langhoff im Gespräch mit der „Presse“ ihren Geburtsort. Sie ist 1969 in Bursa in der Türkei auf die Welt gekommen. Sie wuchs bei den Großeltern auf, kam mit neun Jahren zu ihrer Mutter, die als Gastarbeiterin bei AEG arbeitete, nach Nürnberg. Dort gründete sie nach einer Lehre als Verlagskauffrau die „Nürnberger Türkei-Filmtage“. Später arbeitete sie u.a. mit dem berühmtem türkischen Filmemacher Fatih Akijn für den Film „Gegen die Wand“ zusammen.

In Berlin an der Volksbühne lernte sie den Regisseur Lukas Langhoff – den Sohn von Thomas Langhoff – kennen, heiratete ihn 1996. Sie gründete das deutsch-türkische Kulturbüro „Kultursprünge“; als Kuratorin am Berliner Theater Hebbel am Ufer leitete sie eine „Akademie der Autodidakten“ für Talente der zweiten türkischen Einwanderergeneration. Dort entstand u.a. das Projekt „Klassentreffen – die zweite Generation“. 2008 übernahm sie die Intendanz des Theaters Ballhaus Naunynstraße – „im tiefsten Kreuzberg, dort, wo einst die Stadtautobahn geplant war, wo auch die erste Gastarbeiterliteratur entstanden ist“. Am 27.Februar 2011 erhielt Langhoff den Kairos-Preis, einen der höchstdotierten Kulturpreise in Europa: Sie bereichere den Theaterbetrieb „selbstbewusst, bestimmt und humorvoll“, begründete das Kuratorium.

Auch in Wien will Langhoff – der man weder berlinerischen noch türkischen Akzent anhört – „postmigrantische Theater- und Kulturarbeit“ betonen, sich in diesem Sinn auch schon jetzt mit den Szenen in den Wiener Vorstädten befassen: „Ich werde in Wien wohnen und mir natürlich viel in Ottakring und Favoriten ansehen“, sagt sie; sie werde aber darauf achten, dass „kein voyeuristischer Zooeffekt“ eintritt, sie wolle in ihrer Arbeit „Klischees setzen und brechen“, das Publikum, aber auch sich selbst „auf die eigenen Vorurteile zurückwerfen“. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2011)

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