Nennen wir es einfach Unterhaltungsprogramm. Es ist völlig irrelevant, wohin und zu wem Heinz-Christian Strache in eigener Mission reist. Hauptsache, er ist nicht da und muss sich nicht inhaltlich festlegen.
Heinz-Christian Strache hält sich brav an sein Skript. Er folgt der Vorlage auf Punkt und Beistrich, gehorcht präzise den Anweisungen seines intellektuellen Bypasses Herbert Kickl und spielt den großen Klassiker der österreichischen Innenpolitik nach: den Aufstieg Jörg Haiders. Zumindest versucht er es.
So wie der mittlerweile verstorbene FPÖ-Chef in der 1990er-Jahren signalisiert Strache mit einzelnen Auftritten und dosierten Provokationen der extremen Rechten, dass er sie nicht vergessen hat. Gleichzeitig versucht er, in der Öffentlichkeit etwas auf Distanz zu gehen. Lieber trifft er sich mit hemmungslos pragmatischen Populisten denn mit Rechtsaußen-Politikern, die 1945 für das Katastrophenjahr halten. Barbara Rosenkranz wurde dezent in die Landespolitik zurückgedrängt, Barbara Kappel darf das neue FPÖ-Frauenbild repräsentieren. Andreas Mölzer saß schon Jörg Haider mit der Warnung vor dem Verrat des dritten Lagers im Nacken, heute piesackt er folgerichtig Strache, um ein passendes deutsches Wort zu verwenden. Dabei ist die Gefahr, dass Strache die Ertüchtigung beim Softgun-Spielen vergisst, geringer als bei Haider, der am schönen Wörther See schon einmal seine alte Bude vergaß.
Exakt nach Drehbuch unterhält uns Strache dieser Tage mit geheimnisvollen Auslandsreisen. Wie früher der Kärntner verschwindet Strache heute immer wieder einmal, flüstert von hochrangigen internationalen Treffen mit führenden, nicht übertrieben bekannten Politikern, kündigt Einladungen von allerhöchster Seite an und prahlt mit exklusiven Kontakten. Wirklich konkret wird er nicht. Das Treffen mit führenden Rechtspolitikern am vergangenen Sonntag habe gar nicht stattgefunden, meint das „Profil“ fast ein wenig vorwurfsvoll. Dabei hätte Strache doch die umstrittene Totenrede auf dem Heldenplatz vor Burschenschaftern und Ähnlichgesinnten halten sollen – Skandal, Empörung und Demonstrationen seiner Kritiker inklusive. Straches Reaktion wird klassisch sein: Er sagte doch, dass es ein Geheimtreffen war, das kann doch kein Teilnehmer bestätigen. Und ist ein Ausflug nach Oberitalien von Strache und Mitarbeitern nicht schon selbst ein kleiner Rechts-Gipfel? Wie Haider bekommt Strache bei den anderen erfolgreichen Outlaws des Kontinents die Anerkennung, die ihm von offizieller Seite in Wien immer versagt wird. Eine europaweite gemeinsame Rechtspopulisten-Kampagne gegen Schengen, Euro und Asylbewerber dürfte für ihn kein Schaden sein. Als Zwischenwahlkampf eignet sich das leider besser als eine Wehrpflichtabstimmung. Vor allem aber gelingt es ihm, mit seinen geheimnisvollen Reisen von der völligen Inhaltsleere abzulenken. Er ist gegen Missstände. Wofür er aber steht, sagt er nie. Festlegungen in Sozial-, Wirtschafts- oder Gesundheitspolitik gibt es kaum, und wenn, dann nur in Form von Schlagwörtern.
Vielleicht ist das der Unterschied zu Haider: Der hatte ein paar Visionen. Strache verspricht lieber nichts, was kompliziert ist und er einmal brechen könnte.
Er ist nur gegen SPÖ und ÖVP. Aber das reicht zur Zeit in Österreich.
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("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.05.2011)