Kabarettist und Lehrer: „Das Image muss einem wurscht sein“

(c) Clemens Fabry
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Stefan Haider ist Kabarettist und Lehrer. Auf der Bühne spielt er mit Klischees über Lehrer und Religion. Im Klassenzimmer müsse man eine gute Psychohygiene entwickeln, sagt er.

Die Presse: Wie stellen Sie sich Fremden vor: als Lehrer oder Kabarettist?

Stefan Haider: Als Religionslehrer. Ich war jetzt zwar vier Jahre nicht in der Schule, weil ich so viel gespielt habe. Aber das Unterrichten hat mir dann sehr gefehlt.

Verdient man als Kabarettist so schlecht?

Lacht. Ja, man verdient schlecht, wenn man ausschließlichKabarettist ist. Und wenn man ausschließlich Lehrer ist. Am besten, man macht beides.

Sie sagen auf der Bühne, Ihr Job sei am unteren Ende der Anstrengungspyramide angesiedelt.

Das entspricht zumindest dem Klischee, ja.

Wie reagieren Kollegen, Direktoren, Behörden darauf?

Die Schulbehörden haben zum Glück noch nie reagiert. Ich trete ja immer in der Figur des Lehrers auf, die Kritik kommt also von innen. Da gibt es mehr Toleranz. Die Leute wissen, dass ich mit Klischees spiele: Der faule Lehrer, der sich das ganze Jahr auf den Sommer freut. Der, der alles besser weiß oder der, dem die Kinder wurscht sind. Das gibt sehr viel Komik her.

Wie viel Humor braucht man als Lehrer?

Humor ist auf jeden Fall von Vorteil, nach allen Seiten. Etwa bei der Frage, wie man mit dem öffentlichen Bild des Lehrers umgeht. Wie man damit umgeht, was in der Schule passiert. Und wie man mit dem Unterschied in der Generation umgeht. Humor hilft überall.

Sind Sie ein lustiger Lehrer?

Es ist mitunter auch lustig. Aber es ist nicht in erster Linie mein Anliegen, lustig zu sein als Lehrer.

Sondern?

Interessanten Unterricht zu machen. Ich bin ja noch dazu Religionslehrer und habe nur Oberstufenschüler. Bei mir können sich also theoretisch alle abmelden. Wir haben zwei Stunden die Woche und die sollen sinnvoll sein. Mein Ziel ist, dass es den Schülern gefällt, dass sie da sitzen.

Das Image der Lehrer ist schlecht. Kann man das verbessern?

Nein. Zu gewissen Zeiten wird einfach geschimpft. So wie jetzt überall etwas über Diäten steht, darüber, wie man schlank in den Sommer kommt, steht da sicher etwas gegen Lehrer. Jetzt kriegen alle den Neid, denn sie wissen, dass Lehrer bald neun Wochen frei haben. Viele Leute haben auch noch Rechnungen offen mit Lehrern. Das Image muss einem wirklich wurscht sein. Das ist schlecht und es wird schlecht bleiben.

Es gibt Lehrer mit Burn-out und welche mit Bore-out.

Ich kenne zumindest welche mit Burn-out. Man muss als Lehrer eine gute Psychohygiene entwickeln. Unter dem Lehrerimage leiden sehr viele. Man darf sich davon nicht angegriffen fühlen.

Sie haben Theologie studiert. Wollten Sie Priester werden?

Als ich studiert habe, war diese Phase schon vorbei. Theologie habe ich aus Interesse gewählt. Dann habe ich noch die Lehrerausbildung gemacht.

Auf der Bühne machen Sie Witze über Religion. Was erzählen Sie Ihren Schülern über den Katholizismus?

Ich erzähle den Schülern einfach, was Sache ist. Zum Beispiel ist jetzt der Jugendkatechismus herausgekommen. Damit ist eine Position da und man kann Stellung nehmen. Religion ist für viele Leute ein sensibles Thema. Aber wenn sich jemand von innen darüber lustig macht, wird es anders wahrgenommen. Da ist mehr erlaubt. Humor ist, was Religion betrifft, ein Zeichen, dass man nicht fundamentalistisch ist.

Sie machen auch Witze über islamistische Selbstmordattentäter. Machte Ihnen das schon Probleme?

Mir ist nie etwas passiert. Wahrscheinlich auch, weil ich nicht so viele Zugriffe auf Youtube habe. Alf Poier bekam schon mal Drohungen. Aber wenn man sich über Fundamentalismus lustig macht und dann bedroht wird, sieht man ja auch, dass etwas nicht stimmt. Egal, ob von christlicher oder muslimischer Seite.

Darf man Schüler foppen, sich über sie lustig machen?

Wenn die Schüler merken, dass das aus einer Sympathie heraus kommt, dann ist das okay. Aber man darf nicht die foppen, die ohnehin einen schlechten Stand in der Klasse haben.

Waren Sie der Klassenclown?

Nein, nie. Ich bin auch heute kein Witzeerzähler. Mein Witz kommt aus einer gewissen Nachdenklichkeit.

Wenn Sie sich für einen Beruf entscheiden müssten..

... dann würde das Religionslehrer sein. Das hat einen Mehrwert: Ich habe das Gefühl, ich mache etwas Sinnvolles.

Auf einen Blick

Stefan Haider ist Kabarettist und Religionslehrer. Der Steirer schrieb schon während seiner Studienzeit Texte und trat auf. Nachdem er 2005 den Goldenen Wiener Kleinkunstnagel gewonnen hatte, übersiedelte er nach Wien und widmete sich vier Jahre ausschließlich der professio-nellen Unterhaltung von Menschen. Seit diesem Schuljahr unterrichtet Haider wieder, und zwar an der BAKIP und Modeschule Wiener Neustadt. Derzeit läuft sein bereits fünftes Soloprogramm „5 nach 12“.

Lesetipps für Lehrer zum Thema Humor im Unterricht:

Humor im Klassenzimmer. Soziale Kompetenzen stärken, ermutigen, motivieren. Peter Veich, Vandenhoeck & Rupprecht 2007.

Lachen macht Schule. Humor in Erziehung und Unterricht. Johannes Gruntz-Stoll, Birgit Rißland (Hg.), Klinkhard 2002.

Humor im Unterricht. Können Leistungen durch pädagogischen Humor beeinflusst werden? Dieter Kassner, Schneider 2002.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.05.2011)

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