Strafvollzug: Gefängnisse "werben" im Internet

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Von orientalischem Tanz bis zum Radfahren reichen die Freizeitangebote für Häftlinge. Diese dürfen sich ihr "Zuhause" aber nicht aussuchen. Warum präsentieren sich die Gefängnisse samt ihren Vorzügen im Internet?

Wien. „Es gibt eine Theater-, eine Gesangs-, eine Musik- und eine Bastelgruppe, Diavorträge können besucht werden, Malkurse werden von renommierten Fachleuten abgehalten.“ Die Justizanstalt Garsten zeigt sich im Internet von ihrer besten Seite, und sie ist nicht alleine. Alle österreichischen Gefängnisse präsentieren im World Wide Web ihre Vorzüge und untermauern diese mit Fotos ihrer „Freizeiteinrichtungen“ wie etwa den jeweiligen Fitnessräumen.

Auch Gruppenausflüge werden beschrieben: Skaten, Wandern, Radfahren und Museumsbesuche bietet etwa die Justizanstalt Gerasdorf an. Gleichzeitig wird aber festgehalten, dass die Trommel- und Tarockgruppe leider nicht ganzjährig angeboten werden kann. Andere Gefängnisse wiederum unterscheiden bei ihren Unterhaltungsprogrammen zwischen den Geschlechtern: Orientalischer Tanz und Tiffanyarbeiten werden in Graz-Jakomini etwa nur für Frauen angeboten.

Info bei Wechsel der Justizanstalt

Doch warum präsentieren sich die Gefängnisse samt ihren Vorzügen im Internet? Kann man sich etwa als Insasse wünschen, wohin man verlegt wird? „Inhaftierte Personen können sich nicht aussuchen, in welcher Vollzugsanstalt sie ihre Freiheitsstrafe verbüßen. Wenn ein Insasse aber verlegt werden soll, erhält er vom Sozialen Dienst der jeweiligen Justizanstalt unter anderem die auf der Homepage dargestellten Informationen“, erklärt Dagmar Albegger, Sprecherin des Justizministeriums. Die im Internet verlautbarten Informationen seien aber ohnedies ganz allgemein für die Öffentlichkeit gedacht, etwa für Journalisten, Studenten oder auch für Angehörige der Inhaftierten. Dass diverse Freizeitangebote für Häftlinge angeboten werden müssen, ergebe sich im Übrigen schon aus § 58 des Strafvollzugsgesetzes: Demnach sind Strafgefangene „zu einer sinnvollen Verwendung ihrer Freizeit anzuhalten“. Zu diesem Zweck solle man ihnen insbesondere Gelegenheit zum Lesen, zur sportlichen Betätigung oder zu Gesellschaftsspielen geben.

Trotz der Freizeitangebote ist aber nicht daran gedacht, freien Bürgern einen Aufenthalt im Gefängnis schmackhaft zu machen. Zwar gibt es international einen Trend zum „Urlaub im Knast“. Diese Idee sei aber „kein Gedanke, den der österreichische Strafvollzug derzeit verfolgt“, betont Albegger. Schon wegen des hohen Häftlingsstands habe man dafür keine Kapazitäten. Wer sich trotzdem ein Bild über die österreichischen Haftanstalten machen will, kann dies unter folgender Adresse tun:
http://strafvollzug.justiz.gv.at/einrichtungen/justizanstalten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 27.06.2011)

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