Pop

Das Schlagzeug bleibt, wie es war

Schlagzeug bleibt
Schlagzeug bleibt(c) BilderBox (BilderBox.com / Erwin Wodicka)
  • Drucken

Das klassische "Drum Set" gibt es seit fast hundert Jahren. Von New Orleans über Swing und Bebop bis Freejazz – es hat die gesamte Jazzgeschichte begleitet.

Gut, es gibt Haydns Sinfonien mit dem Paukenschlag und dem Paukenwirbel, es gibt das Paukensolo am Anfang von Beethovens Violinkonzert, die 18 Ambosse im „Rheingold“ und die Gralsglocken im „Parsifal“ – aber im Allgemeinen spielen Schlaginstrumente in der klassischen und romantischen Musik eine eher unauffällige Rolle.

Die Pauken und Becken dürfen, respektlos gesagt, ein wenig Krach machen, wenn's laut wird, aber sie dürfen kaum je das, was ihre Hauptaufgabe in Jazz, Pop und Rock ist: den Rhythmus halten. Und damit das Gerüst für alles andere legen. Der Schlagzeuger „schafft den Raum, in dem die Musik ,geschieht‘“, erklärte der große deutsche Jazzkritiker Joachim-Ernst Berendt, „das musikalische Geschehen kann sinnlos werden, wenn es nicht ständig am Beat eines swingenden Schlagzeugers gemessen werden kann.“

Als Berendt das 1953 in der ersten Ausgabe seines „Jazzbuchs“ schrieb, konnte er nur ahnen, dass es eine Hauptentwicklungslinie des Jazz in den kommenden drei Jahrzehnten werden sollte, sich allmählich von den Zwängen dieses ständigen Beats zu befreien. (Wie auch von den Zwängen der Harmonie und der Struktur.)

„Mit dem Rhythmus tun, was Bach mit der Melodie getan hat“, das wollte der große Bebop-Schlagzeuger Max Roach. Kollegen wie Art Blakey und Buddy Rich taten es ihm gleich und glänzten als Bandleader und Solisten.

Zerfall des Rhythmus. Im Freejazz, ab 1960, wurde der Beat zum „multidirektionellen“ Puls, um dann überhaupt in einzelne Ausbrüche zu zerfallen. Heute noch kann man alljährlich bei den „Konfrontationen“ in Nickelsdorf (heuer vom 21. bis 24.Juli) hören, mit welcher Passion sich Schlagzeuger in der Tradition des Freejazz bemühen, den Versuchungen eines stetigen Rhythmus ja nicht zu erliegen.

Das Instrument selbst, das Schlagzeug, hat sich dabei über die Jahrzehnte nicht wesentlich verändert. Das erste komplette Schlagzeug brachte übrigens 1918 die Ludwig Drum Corporation in den Handel: Auch Ringo Starr war und ist Kunde dieser Firma. Die „batterie“, wie man in Frankreich sagt, die „Schießbude“, wie man im ländlichen Österreich sagt, sieht heute nicht viel anders aus als in den Dreißigerjahren, als man die „Hi-Hat“, das mit dem Fuß gespielte Beckenpaar, noch „Charleston-Maschine“ nannte. Sie steht links außen (zumindest bei rechtshändigen Schlagzeugern), rechts von ihr findet sich die ebenfalls mit dem Fuß gespielte Bass Drum (große Trommel), vor ihr die Snare Drum (kleine Trommel). Oberhalb und rechts von der Bass Drum stehen die Tom-Toms, dazu kommen zwei Becken, meist ein „Ride-Becken“ und ein „Crash-Becken“, so genannt, weil man das erste mit leichten Schlägen im durchgängigen Rhythmus spielt und das zweite eher für Akzente verwendet.

Mehr braucht es nicht für zwei schlagende Hände und zwei tretende Füße. Im Jazz nicht und auch nicht in den diversen Stilrichtungen des Pop, die sich aus dem Rock'n'Roll ableiten: Dieser hat das Schlagzeug vom Jazz einfach 1:1 übernommen.

Metal: Zweite Bass Drum. Natürlich haben Schlagzeuger dieses grundlegende Set immer wieder durch diverse Perkussionsinstrumente aus aller Herren Länder ergänzt, aber keines hat sich gehalten. Die Kuhglocke nicht und schon gar nicht der Gong, den in den bombastischen Siebzigerjahren diverse Rock-Schlagzeuger über ihre protzige Gerätschaft hängten. Allenfalls kann man es als typisch für Metal-Schlagzeuger bezeichnen, dass sie aus naheliegenden Gründen eine zweite Bass Drum aufstellen.

Wenig nachhaltig war auch der Trend zum elektronischen Schlagzeug, der in den mittleren Achtzigern aufkam. Bald hatten die Drummer kapiert, dass die Verzögerung durch die Tonabnehmer den Beat immer etwas nachhinken ließ: Heute klingt elektronisches Schlagzeug ungefähr so anachronistisch, wie pastellfarbene Filzsakkos aussehen. Dass der Achtzigerpop oft so lahm wirkte, mag auch daran liegen.Anders ist es mit rein elektronischen, computergenerierten Rhythmen. Sie sind eine interessante Alternative zum Schlagzeug, werden es aber nie völlig verdrängen. Und im Jazz sind sie ohnehin chancenlos: Das geheimnisvolle Fluidum, das man Swing nennt, lässt sich nicht programmieren.

RIngo mit All-Starr-Band

In Salzburg tritt Ringo Starr am 14.Juli auf, in der Wiener Arena am 17.Juli. Begleitet wird er von prominenten Kollegen: Edgar Winter spielt Keyboards, Rick Derringer Gitarre. Neben Ringo sitzt Gregg Bissonette am Schlagzeug. Im Programm sind Beatles-Klassiker („Yellow Submarine“, „Boys“, „With A Little Help From My Friends“), Songs aus Starrs Soloalben („Photograph“) und Hits der anderen Musiker („Hang On Sloopy“).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.07.2011)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.