Schweiz fürchtet Parität mit dem Euro

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Schweizer Betriebe stellen einander Rechnungen bereits in Euro aus. Laut nachgedacht wird zudem über eine Anbindung des Franken an den Euro. In der exportlastigen Wirtschaft brechen Umsätze und Margen weg.

Genf/Dpa. Für österreichische Franken-Schuldner und Schweizer Exporteure wird die Sache schön langsam ziemlich ungemütlich: Der Schweizer Franken wertet seit Wochen unverdrossen auf, gestern, Dienstag, musste man nur noch 1,10 Franken für einen Euro auf den Tisch legen. An den Börsen wird nun auch eine Euro-Franken-Parität für möglich gehalten. Darunter leiden vor allem die Schweizer Exporteure, nicht zuletzt der Tourismus. Allein seit Juli hat sich der Urlaub für Euro-Zahler in der idyllischen Schweiz um zehn Prozent verteuert.

In der exportlastigen Wirtschaft brechen generell Umsätze und Margen weg, vielerorts ist bereits von drohender Kurzarbeit die Rede. Wie bereits berichtet, zahlen einige Schweizer Betriebe die Löhne für die aus dem Euro-Raum einpendelnden Arbeitnehmer bereits in Euro aus. Zudem stellen sich viele eidgenössische Firmen gegenseitig Rechnungen in Euro aus. Das Schweizer Recht gewährt seinen Bürgern das explizite Recht, Rechnungen auch in anderen Währungen als dem Franken auszustellen. Dem Euro kommt inzwischen die Rolle einer Vertragswährung zu, wie Heinz Hauser, Außenwirtschaftsexperte an der Universität St.Gallen, meint. Auf diese Art und Weise werde das Währungsrisiko breiter gestreut.

Die Berater von Deloitte orten wiederum einen verstärkten Trend zur Abwanderung von Arbeitsplätzen. Insbesondere bei Großbetrieben steige die Bereitschaft, Unternehmensteile ins Ausland zu verlagern. „Die Lage ist alarmierend, die Krise könnte bevorstehen“, sagte Wirtschaftsminister Johann Schneider-Ammann unlängst. Vor allem wird damit gerechnet, dass die Beschäftigungssituation in der Schweiz in der zweiten Jahreshälfte unter Druck komme. Weshalb auch schon über eine Anbindung des Franken an den Euro nachgedacht wird. Das dürfte allerdings noch in weiter Ferne sein, schließlich würde die Schweiz damit ihre währungspolitische Unabhängigkeit aufgeben. Stattdessen dürfte die Regierung Innovationen fördern oder dem Tourismus helfen.

Arbeitszeiten verlängert

Ebenfalls diskutiert wird eine Verlängerung der Arbeitszeiten ohne Lohnausgleich. Damit sollten die Produktivität erhöht und die Konkurrenzfähigkeit gesteigert werden. Der Chemiekonzern Lonza in Basel hat die Arbeitszeit, auf 18 Monate befristet, von durchschnittlich 41 auf 43 Stunden erhöht – mit dem Sanktus der Gewerkschaften.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.08.2011)

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