440 Bewerber wollen Radfahrbeauftragter werden

Symbolbild: Radfahren in Wien
Symbolbild: Radfahren in Wien(c) Clemens FABRY
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Großes Interesse an grünem Prestigejob. Eine der ersten Aufgaben des neuen Radfahrbeauftragten wird die Erstellung eines "Verkehrsknigge" für Wien sein – das ist ein konfliktreiches Projekt.

[WIEN] Mit Montagabend endete die Ausschreibung für einen grünen Prestigejob in der Stadt – Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou sucht einen Radverkehrsbeauftragten.
Dieser Job stieß auf große Resonanz – 440 Bewerber verzeichnete Vassilakou am Dienstag: „Es freut mich sehr, dass die wichtige Funktion eines Radverkehrsbeauftragten für Wien so viel Interesse hervorruft.“ Und: „Radfahren ist ein weltweiter Trend, der auch in Wien immer mehr Fuß fasst. Dafür wollen wir die nötige Infrastruktur und das nötige Bewusstsein schaffen“, so Vassilakou, die die Schaffung eines Radfahrbeauftragten als ersten Schritt zum Ausbau der sanften Mobilität sieht. Dieser soll im Oktober feststehen, die Lücke zwischen den Anliegen der Bürger, Radfahrorganisationen und dem Magistrat schließen und auch die Fahrradkultur in Wien weiterentwickeln.

Eine der ersten Aufgaben des Radfahrbeauftragten wird die Erstellung eines „Verkehrsknigge“ sein. Dabei handelt es sich um einen Katalog von Fairnessregeln für alle Wiener Verkehrsteilnehmer, der gemeinsam mit Interessenvertretungen (ÖAMTC, Arbö, VCÖ, Radfahrorganisationen, Behindertenorganisationen etc.) erarbeitet wird. Dieser Katalog ist unverbindlich, sieht also keine Strafen vor, und soll durch eine Kampagne propagiert werden. Die Schwierigkeit: Die unterschiedlichen Interessen aller Verkehrsteilnehmer müssen dabei auf einen Nenner gebracht werden – was Konfliktpotenzial birgt.

ÖAMTC-Jurist Martin Hoffer wundert sich beispielsweise über die „sonderbare Entstehung“ dieses Verkehrsknigge. Anfangs sei nur von einem Radfahrknigge die Rede gewesen – nachdem die Beschwerden über rücksichtslose Radfahrer deutlich zugenommen haben. Im Rathaus ist zu hören, dass nach parteiinternen Protesten der fahrradfreundlichen Grünen dieser Knigge auf alle Verkehrsteilnehmer ausgeweitet wurde.
Was wird der ÖAMTC bei den Gesprächen im Herbst einbringen? Die Voraussetzung für ein faires Miteinander sei grundsätzlich die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen, so Hoffer. Man solle sich um jene Gebiete kümmern, bei denen es Beschwerden gibt. „Dazu gibt es bereits eine Latte von Untersuchungen“, sagt Hoffer. Ähnlich der Arbö, der ebenfalls Themen wie Alkohol am Steuer und Raserei thematisieren will.

Radfahrer auf dem Gehsteig

Der VCÖ will eine Kampagne, die nicht mit dem erhobenen Zeigefinger agiert. Vor allem Autofahrer, die zu knapp an Radfahrern vorbeifahren, und die Gefahrensituation zwischen Rad- und Autofahrern an Kreuzungen müssten thematisiert werden. Hans Doppel vom Radfahrverband Argus dagegen will eine Kampagne, damit die Autofahrer ihre Geschwindigkeit in der Stadt reduzieren und „weniger aggressiv“ fahren. Doppel: „Die aggressive Fahrweise der Autofahrer treibt die Radfahrer auf den Gehsteig, weil sie sich auf der Straße nicht sicher fühlen.“ Das sollte auch in dem Verkehrsknigge thematisiert werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2011)

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