Tony Black: Schwarze Wolken über Edinburgh

(c) Zsolnay Verlag
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Endlich erscheint das Krimidebüt von Tony Black auf Deutsch: Mit dem einst gefeierte Enthüllungsjournalisten Gus Dury hat er eine spannend-tragische Figur erschaffen, von der man sicher noch mehr lesen wird.

Das Edinburgher Tourismusbüro hat wohl wenig Freude mit den Romanen des schottischen Autors Tony Black: Düster und bedrohlich ist die Stadt, voller korrupter Politiker, skrupelloser Spekulanten und kaltblütiger Unterweltbosse, die vor nichts zurückschrecken. Und Gus Dury, die Hauptfigur des Kriminalromans, hasst die glänzenden Fassaden der schottischen Banken, die lärmenden Souvenirshops im herausgeputzten Zentrum und die schicken Cafés, in denen geschniegelte Schotten Latte macchiato schlürfen. Der frühere Journalist Gus Dury treibt sich am liebsten in den Pubs der Arbeiterviertel herum und in den Gassen hinter den sandgestrahlten Steinfassaden.

Und genau dorthin führt der Autor Tony Black auf seinem Rundgang durch die Stadt, zu dem er Journalisten geladen hat. Auf den Spuren seines „Helden“ Gus Dury steuert Black die Hinterhöfe und die schäbigen Pubs an, in denen sich das Leben abseits der SUV-fahrenden Yuppie-Szene abspielt – im Roman wie im wirklichen Leben. Und Black erzählt über seine Figur Gus Dury, und darüber, warum er den smarten, sympathischen Mann verlieren, aber trotzdem nicht völlig scheitern lässt.

Ein loyaler Freund. Der einst gefeierte Enthüllungsjournalist Dury befindet sich auf dem Weg nach unten: Er ist ein arbeitsloser Alkoholiker, der die Welt nur allzu gern durch ein Whiskyglas betrachtet, er lebt in Scheidung, und hin und wieder sind seine Fäuste schneller als seine Gedanken. Dury ist ein loyaler Freund: Als ihn Pub-Besitzer Col bittet, den Mörder seines Sohnes zu suchen, macht er sich bereitwillig auf den Weg in die Edinburgher Unterwelt. Dabei trifft er auf mächtige Zuhälter, auf junge Burschen, die für diese die Drecksarbeit erledigen, und auf junge Mädchen aus dem Osten, die zur Prostitution gezwungen werden. Und so nebenbei kann Dury auch noch eine offene Rechnung begleichen und bekommt seine persönliche Rache. Ein „Hard boiled“-Ermittler wider Willen.

Wie Gus Dury war auch sein Schöpfer Tony Black Journalist. Damit hört es sich mit den Ähnlichkeiten aber auch schon auf: Er trinke keinen Tropfen Alkohol, betont Tony Black und bestellt ein Glas Orangensaft.

Und mittlerweile hat sich der in Australien geborene Schotte in seiner Heimat in der Liga der Krimiautoren ganz nach oben geschrieben. Black hat bereits vier Dury-Roman vorgelegt. „Geopfert“, im englischen Original 2008 erschienen, ist der erste Band der Serie. Band zwei und drei erscheinen auf Deutsch in den kommenden Monaten.Von einer spannenden, widersprüchlichen Figur wie Dury möchte man jedenfalls mehr lesen. Doch: Wie lange wird er noch durchhalten, wenn er so weitersäuft? Warum schafft er es nicht, die Finger vom Whiskey zu lassen und sein Leben auf die Reihe zu kriegen?

Es wäre schade, wenn einer wie Gus Dury frühzeitig abtreten müsste. Da ginge uns eine eben entdeckte, erfreulich-erfrischende Erscheinung in der Krimiwelt auch gleich wieder verloren. Also, Finger weg von zu viel Whisky.

Neu Erschienen

Tony Black
Geopfert

Zsolnay Verlag

384 Seiten

20,50 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.08.2011)

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