Wikileaks: USA beklagten "geringe Leistungen" Österreichs

Wikileaks beklagten geringe Leistungen
Wikileaks beklagten geringe Leistungen(c) AP (Richard Drew)
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Die neuen Wikileaks-Veröffentlichungen zeigen die Enttäuschung von US-Diplomaten über die österreichische Außenpolitik.

US-Diplomaten haben in den vergangenen Jahren die österreichische Außenpolitik äußerst kritisch bewertet. Das zeigen Depeschen der US-Botschaft in Wien an das Außenministerium in Washington, die die Enthüllungsplattform Wikileaks in der Nacht auf Freitag veröffentlicht hat. In einem Bericht vom Juni 2009 des damaligen Botschafts-Geschäftsträgers John Ordway heißt es, die USA seien besorgt über die Diskrepanz zwischen "Österreichs selbst-behaupteter Vision seiner Rolle in der Welt, und seinen immer geringeren Leistungen."

Enttäuscht zeigten sich die US-Diplomaten auch über die ihrer Einschätzung nach geringe Bereitschaft des Kabinett von SP-Bundeskanzler Werner Faymann, sich bei dem Afghanistan-Einsatz, dem Nahostkonflikt und anderen internationalen Themen zu engagieren. Österreich habe "keine spezifische Rolle" im Friedensprozess, schrieb US-Botschafter William Eacho etwa nach der Israel-Reise von VP-Außenminister Michael Spindelegger nach Washington.

"Spindelegger zeigt eine Vorliebe für das Verkünden von neuen österreichischen Initiativen in Folge seiner Reisen, aber in den meisten Fällen folgt darauf wenig", so Eacho im Februar 2010. Gelinge es allerdings, österreichische Soldaten zur UNO-Mission UNIFIL in den Libanon zu versenden, könne Spindelegger damit seinen "ersten außenpolitischen Erfolg" verbuchen - "freilich sind eher innenpolitische als äußere Hürden zu überwinden". Die Entsendung von Bundesheer-Truppen in den Libanon gelang erst eineinhalb Jahre später.

"Faymanns Vorstoß fällt flach"

Eine Depesche unter dem Titel "Faymanns Vorstoß in die Außenpolitik fällt flach" (im Original "Faymann Foray Into Foreign Affairs: Falls Flat") nimmt den Bundeskanzler ins Visier. Die Abwesenheit Faymanns bei der feierlichen Eröffnung des Haus der EU zeige sein Desinteresse, so Botschafter Eacho. Der Sozialdemokrat müsse auch wegen des politischen Hick-Hack um die Nominierung eines österreichischen EU-Kommissares "einiges erklären".

Lob ernten Faymann hingegen für seine Verurteilung einer nach Ansicht der US-Diplomaten anti-semitischen Kampagne der FPÖ vor den Europawahlen im Juni 2009. "Faymann hat absolut recht - Strache ist eine Schande und Anti-Semitismus das einzig mögliche Motiv dafür, die Wähler mit fälschlichen Berichten einer EU-Integration Israels zu ängstigen", schreibt Ordway. Plakate der FPÖ zeigten damals den Slogan "FPÖ-Veto gegen EU-Beitritt von Türkei und Israel."

Neben der außenpolitischen Einschätzung Österreichs behandelten einige Depeschen auch die innenpolitische Entwicklung. Schlechte Umfragewerte und Berichte über ein baldiges Ende im Oktober 2009 trugen dem BZÖ etwa einen spöttischen Kommentar von Eacho ein: "Sie werden nicht vermisst werden".

Bereits im Frühjahr 2010 waren von Wikileaks Depeschen veröffentlicht worden, in denen US-Diplomaten schrieben, Faymann habe "kein persönliches Interesse an Außenpolitik, und Spindelegger sei "weitgehend darauf konzentriert, das Vordringen der österreichischen Wirtschaft" zu fördern.

(Ag.)

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