Die Dosis macht das Gewürz

Mehr oder weniger intensiv: Fenchel, Majoran oder Kaffeebohnen werden gemeinsam mit Kernen zu Würzölen gepresst. Eine große Spielwiese für Köche.

Die Silbe „Ge“ macht für Erwin Gegenbauer den Unterschied: „Würze, das klingt so nach Maggi“, sagt er. Er hat darum seinen neuesten Wurf nicht Würzöle genannt, sondern Gewürzöle. Fenchelsamen, Basilikum oder auch Zitronengras werden in der Gegenbauer-Manufaktur im zwölften Wiener Bezirk gemeinsam mit Sonnenblumenkernen gepresst. Die Ergebnisse sind mitunter grasgrün (Minze, Basilikum) oder leuchtend orangerot (Chili), die Öle schmecken intensiver als bei der Mazeration, also stärker, als wenn man die Aromaten nur im Öl hätte ziehen lassen.

Tüfteln musste Gegenbauer besonders an Druck und Temperatur, und natürlich mussten die Grundprodukte die richtigen sein. Die Fenchelsamen etwa kommen wie auch die Kräuter aus Kalabrien, diese seien einfach viel besser als heimische. Das Paprikaöl macht er mit süßem Pulver von Kotanyi, die Chilischoten kommen aus einer kleinen Trocknungsfirma in Ungarn, es werden die ganzen Schoten samt Samen gepresst.

Erwin Gegenbauer möchte Spitzenköche vor allem dafür gewinnen, dass sie für seine Gewürzöle Verwendungen bei Desserts erarbeiten. Ansonsten empfiehlt er die Öle für Bruschetta, Pasta oder auch als Salatöl. Was im Gegensatz zu den weitaus intensiveren Direktölen des deutschen Herstellers Biowellfood auch möglich ist. Die Direktöle sind quasi ein flüssiges Gewürz, unverdünnt im Salat wären sie viel zu stark. Seit einigen Jahren schon werden diese Öle in der Gastronomie eingesetzt, Heinz Reitbauer hat welche in seinen Regalen stehen, Sissy Sonnleitner genauso wie zahlreiche deutsche Spitzenköche. 

Die Direktöle gibt es mittlerweile in vielen exotischen Sorten, darunter Birkenrauch (mit Holzkohle), Ingwer, Garam Masala oder Szechuanpfeffer. Die Handhabung macht es einerseits leicht – man muss keinen frischen Ingwer zu Hause haben und reiben, den Szechuanpfeffer nicht zermörsern –, andererseits ist sie aber ein bisschen knifflig, weil man auf die Menge achtgeben muss. „Man muss sehr, sehr aufpassen, dass man nicht übertreibt, muss also dosiert vorgehen“, sagt Heinz Reitbauer.

Experimente. Er hat vor allem kurz nach der Entdeckung der Direktöle viel damit experimentiert, mittlerweile hat sich die Verwendung auf ein Normalmaß eingependelt. In der „Steirereck“-Küche stehen das Espresso-Direktöl oder jene mit Dille, Holzkohle und Kümmel. Letzteres setzt er auch bei Schwammerln ein, für einen zarten Kümmelton, das Gewürz selbst wird dann nicht mehr benötigt. Fleisch oder Fisch könne man auch gut mit den Aromaölen anpinseln, empfiehlt Heinz Reitbauer. Das Espresso-Direktöl, für das geröstete Kaffeebohnen mit der Ölsaat mitgepresst werden, hat er auch vorrätig, manche Sorten sind ihm aber zu exotisch – die Sorte Curry etwa passt nicht wirklich zu seiner eindeutig österreichischen Linie.
In Deutschland wiederum schätzen viele Köche gerade das
Curryöl im Dessertbereich, erzählen die Direktöl-Macher Enrico Palm und Peter Engelbrecht, etwa für Parfaits oder zum bequemen Aromatisieren von Cremes. Andere Sorten wie Rosmarin oder Thymian soll man, wenn es nach ihnen geht, mit der mitgelieferten Spritze in Fleisch einbringen.

Exakt platzieren. Lieber mit dem Löffel als Dosierungsmittel arbeitet Helmut Rachinger, Küchenchef im Mühltalhof, der ebenso wie auch Heinz Reitbauer oder Max Stiegl in Purbach eine weitere Marke einsetzt: die Würzöle von Hannes Pinterits, von denen es zahlreiche Sorten gibt, der Fokus liegt auf heimischen Aromen. Aushängeschild ist das Öl aus Neusiedler Majoran, der gemeinsam mit Sonnenblumenkernen von Erich Stekovics gepresst wird. Pinterits filtert seine Würzöle nicht, „das wäre kontraproduktiv“, sind es doch gerade die Schwebstoffe, die den Großteil der Aromen enthalten.

Helmut Rachinger vom Mühltalhof verwendet das Majoranwürzöl also für eine leichte Erdäpfelsuppe –
er montiert dafür einfach das reduzierte Kochwasser von Erdäpfeln (samt Schale gekocht, versteht sich) mit Creme fraiche, einem Löffel Butter und eben dem Majoranöl. Das Korianderwürzöl kommt bei Rachinger auf eine mit Ingwer und Zitronengras abgeschmeckte klare Forellensuppe, „quasi als aromatisches Fettauge, die Forellensuppe selbst hat ja so gut wie kein Fett“. Das Öl kann der Gast dann mit der Suppe versprudeln oder auch in einzelnen puren Tropfen schlürfen. Rachinger schätzt an den Pinterits-Ölen, dass man die Aromen exakt platzieren kann, während frischer Majoran nicht so gut zu beaufsichtigen ist, was die Aromaentfaltung angeht. „Man kann damit einfach supergenau abschmecken.“

TIPPS

Gewürzöle von Gegenbauer in Sorten wie Basilikum, Fenchel, Zitronengras oder Paprika, 250 ml um 9 Euro, Naschmarkt Stand 111–114, 1040 Wien.

Würzöle von Pinterits, etwa Schwarzkümmel, Majoran, Salbei oder Koriander, bei Hannes Pinterits, 100 ml um 8,50 bis 9,50 Euro, www.pannonischer-safran.at/shop, oder um 9,90 bis 11,90 Euro bei Porta Dextra, Ertlgasse 4, 1010 Wien.

Direktöle von Biowellfood, Sorten wie Birkenrauch, Raz el Hanout, Ingwer, Espresso oder Szechuanpfeffer, bei Edelgreißler Herwig Ertl, www.kaeseschokolade.at

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