Soziologe Kroll: "Wir vergleichen ständig"

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Der Soziologe Christian Kroll meint im Interview, das Bruttosozialprodukt dürfe nicht der alleinige Indikator für das Wohlbefinden von Nationen sein. Fokus muss auf der Verbesserung der Lebensqualität liegen.


Kann man so etwas Subjektives wie Glück wirklich wissenschaftlich messen?

Christian Kroll: Ja, das kann man. Es existiert eine Reihe von wissenschaftlich gut evaluierten Fragen darüber, wie glücklich die Menschen mit ihrem Leben sind.


Sarkozy, Cameron, China: Sie alle propagieren neuerdings das Glück. Weshalb ist dieses Thema auf politischer und wirtschaftlicher Ebene aktuell so wichtig?

Unser Indikator darf nicht allein das Bruttoinlandsprodukt sein, so wichtig dieser Maßstab auch ist. Der Fokus muss auf der Verbesserung der Lebensqualität liegen. Um diese zu messen, ist es auch sinnvoll zu erforschen, wie die Bürger selbst ihre Lebensumstände bewerten.


Ist das aktuelle Interesse am Glück ein Zeichen für einen Bruch mit den bisherigen Wirtschaftsparadigmen oder nur Rhetorik?

Es ist schon ein Paradigmenwechsel – jedoch werden den bisherigen Absichtserklärungen in den nächsten Jahren Taten folgen müssen.


Es gibt ja verschiedene „Glück-Rankings“ – beispielsweise die „World Database of Happiness“. Dort steht Costa Rica an erster Stelle, auch Panama befindet sich unter den Top 10. Das BIP dieser Länder ist wiederum nicht sehr hoch. Daher die Frage: Wie wichtig ist wirtschaftlicher Wohlstand wirklich?

Wohlstand ist wichtig, jedoch nimmt der Grenznutzen von Einkommen ab, das heißt ein zusätzlicher Euro bringt desto weniger Zufriedenheit, je reicher ich schon bin. Zudem spielt das relative Einkommen eine größere Rolle für das Glück als das absolute, denn wir vergleichen uns ständig mit unseren Mitmenschen – was bei großen Gehaltsunterschieden innerhalb einer Gesellschaft tendenziell problematischer ist.


Bhutan verfolgt seit Jahren konsequent mit „Gross National Happiness“ eine eigene Entwicklungs- und Wirtschaftsidee. Was kann Europa von Bhutan lernen?

Natürlich kann man die Herangehensweise nicht eins zu eins nach Europa übertragen. Es gibt kulturelle Unterschiede und kritische Punkte, die man nicht übersehen darf. Dennoch ist es auch für uns durchaus sinnvoll, über die Zielsetzung hinter GNH nachzudenken. Nämlich sich zu fragen, wie Glück und Lebensqualität der Bevölkerung nachhaltig und systematisch in das Zentrum politischer und wirtschaftlicher Entscheidungen treten können. 

Zur Person

Christian Kroll (29) forscht an der London School of Economics und in Harvard über „Glück und Sozialkapital“ und ist Berater verschiedener Institutionen. Unter anderem ist Kroll am „Measuring National Well-Being“- Programm des britischen Statistikamts beteiligt. Seine Publikationen sind im Internet abrufbar: http://personal.lse.ac.uk/kroll

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