"Cougars": Ältere Frau, junger Mann

Cougars aeltere Frau junger
Cougars aeltere Frau junger(c) REUTERS (HERWIG PRAMMER)
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In den Trennungsgerüchten um Demi Moore und ihren 15 Jahre jüngeren Mann Ashton Kutcher schwingt recht viel Schadenfreude mit. Warum? Weil unsere Gesellschaft der "Cougar" noch immer misstraut.

Einzeln waren sie mehr (sie) oder weniger (er) bekannte Schauspieler. Gemeinsam brachten sie es zur Ikone: Demi Moore (48) und ihr um 15 Jahre jüngerer Mann Ashton Kutcher. Das Paar strahlte von unzähligen Titelblättern – das Aushängeschild eines angeblichen Beziehungstrends: die „Cougars“ – reife Frauen mit deutlich jüngeren Partnern. Zuletzt lächelten uns Demi und Ashton allerdings etwas wehmütig an. Die beiden sollen nämlich getrennter Wege gehen. Ob das stimmt oder nicht, ist egal. Wichtiger – und bezeichnender – ist, in welchem Ausmaß diese Nachricht die Schleusen von Häme und Schadenfreude öffnete. Und klarmachte: Trend hin oder her – mit offen zu ihrer Sexualität stehenden älteren Frauen kann unsere Gesellschaft nach wie vor eher wenig anfangen.

Dabei mangelt es keinesfalls an Bereitwilligen, die diesen Trend vermarkten. Dafür bietet er sich ja auch an. „Cougars“ sind nämlich so etwas wie der feuchte Traum von Partneragenturen, Filmemachern und Verkäufern aller Lebensstilbelange. Für das aus Kanada importierte Schlagwort wurde der Bergpuma seines Namens beraubt, dessen silbergraues Fell und Jagdinstinkte auf Frauen ab 45 umgelegt wurden, die gerne den einen oder anderen Jüngling zur Strecke bringen.

Lebensfreude und Kaufkraft. Was die „Cougars“ für die Wirtschaft so interessant macht, sind vor allem ihre Vermögens- und sozialen Verhältnisse. Alle Definitionen schwärmen davon, dass es sich um selbstbewusste, erfolgreiche und wirtschaftlich unabhängige Frauen handelt, die wissen, was sie wollen und wie sie es sich holen können.

Besonders gerne mobilisieren die „Cougars“ ihre Kaufkraft, um sich Lebensqualität der besonderen Sorte zu leisten: eine Beziehung zu einem Mann, der ihnen das Gefühl gibt, erstens nicht allein und zweitens begehrenswert zu sein. Und: „Es ist die Sehnsucht nach einem Menschen, der lebendig ist. ,Lebendig‘ wird dabei mit ,jung‘ gleichgesetzt. Diese Sehnsucht haben wir, solange wir leben. Mit Sex hat das vordergründig gar nichts zu tun“, sagt die Sexual- und Paartherapeutin Elia Bragagna. Aber weil keine Frau so selbstbewusst ist, dass sie am Arm ihres deutlich jüngeren Partners wie seine Oma aussehen will, investieren „Cougars“ heftig in einen getrimmten Körper. Und sie geben gutes Geld aus, wenn sie „auf die Jagd“ gehen. In Amerika gibt es bereits „Cougar Cruises“. Von dieser Großzügigkeit leben schon mehrere Industriezweige.

So richtig gönnen wir es ihnen aber nicht. Die Mischung „ältere Frauen und jüngere Männer“ ruft bei vielen eine Mischung aus Neid und Missfallen hervor. „Jemand wie Demi Moore hat etwas sehr Provokantes“, meint Bragagna. „Wenn Frauen ab einem bestimmten Alter auch nach außen zu ihrem Bedürfnis nach Körperlichkeit stehen, erschüttert das das Selbstverständnis unserer Gesellschaft. Die geht davon aus, dass sich eine Frau dem Älterwerden in Würde fügen sollte.“

So sieht das auch Valerie Gibson, Autorin von „Cougar: A Guide for Older Women Dating Younger Men“, die die Bewegung mit ihrem Buch 2002 erst so richtig ins Rollen brachte: „Die Gesellschaft war immer der Meinung, dass ältere Frauen, die noch sexuelle Gelüste haben, nicht existieren dürfen“, meinte sie zum „Time Magazine“.

Das Phänomen der „Cougars“ beleidigt also offenbar gleich mehrere Gruppen: ältere Männer, denen ein jüngerer vorgezogen wird; jüngere Frauen, die sich nicht vorstellen können, was an einer älteren Konkurrentin besser sein sollte; und Frauen der Altersgruppe 40plus, die – vielleicht mit einem Anflug von Neid – solche Verbindungen gerne als bemitleidenswert und zum Scheitern verurteilt abtun.

Eine bewährte Form, mit gesellschaftlich suspekten Phänomenen dieser Art umzugehen, ist, sie entweder lächerlich zu machen oder zu verharmlosen. Daher werden „Cougars“ medial gerne einseitig präsentiert – wie in der Fernsehserie „Cougar Town“, wo sie sex- und selbstsüchtig ständig am Rande der Hysterie dahintänzeln.

Die ideale Partnerin? Die harmlose Schiene ist hingegen eine besonders zwiespältige. „Cougars“ werden nämlich plötzlich als ideale Partnerinnen angepriesen: mit Geld, mit Stil, mit Lebensart, sexuell aktiv – aber ohne große Anforderungen an ihre Partner. Das Alter, in dem sie Kinder kriegen und eine Familie gründen wollen, liegt bereits hinter ihnen; Beziehungen, die irgendwann kompliziert werden und in Trennung oder Scheidung enden, haben viele schon ausprobiert.

Für jüngere Männer, von denen die meisten angeblich unter akuter Bindungsangst und Entscheidungsunfähigkeit leiden, sollte dieses Konzept ja eigentlich passen wie der Deckel auf den Topf. Auch wenn in einer Umfrage des sozialen Netzwerks FriendScout24 jeder dritte Mann angab, er könne sich eine Beziehung zu einer älterem Frau nicht vorstellen. 18 Prozent schränkten diese Absage allerdings ein: wenn finanzielle Vorteile dabei heraussprängen, könne man ja nochmal drüber nachdenken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.10.2011)

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