Der Kapellmeister

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Christian Thielemann, dem derzeit gesuchtesten Wagner-Dirigenten, reisen Musikfreunde durch ganz Europa nach.

Porträt des Tages

Ein Geheimtipp war Christian Thielemann, 1959 geborener Berliner, schon in seinen späten Zwanzigern, als er sich mit der Kulturverwaltung in Nürnberg anlegte. Schon auf seinem ersten Generalmusikdirektorenposten galt er als unbequem. Kompromisse geht er nämlich nicht ein. Und die schier unglaublichen Ergebnisse, die er als Orchester-Erzieher erzielt, waren Kollegen ein Dorn im Auge. Manches Gerücht über politische Unliebsamkeiten wurde ausgestreut – doch Thielemann war mit solchen Untergriffen nicht zu demoralisieren. Während bis heute jeder Beweis für die Unterstellungen ausblieb, arbeitete er lieber und überzeugte mit künstlerischer Qualität. Ob als zweiter Kapellmeister in Bologna, als Gastdirigent in London, Chicago oder New York.

Wo immer er am Dirigentenpult erschien, reagierten Publikum und Kritik begeistert. Was aber noch wichtiger ist: Die Orchestermusiker liebten den unerbittlichen Klangfanatiker und erkannten die singuläre Potenz eines Animators, der sämtliche – oft lang verschütteten – Kräfte freizusetzen imstande ist.

So wurde Christian Thielemann zur Legende. Seit seinem Debüt in Wien, Anfang des neuen Jahrtausends, zählt er auch zu den deklarierten Lieblingen der hiesigen Philharmoniker, die mittlerweile große Projekte mit ihm realisierten: In der Staatsoper nahm man Wagner auf, den „Tristan“, die „Meistersinger“ und „Parsifal“, im Musikverein alle neun Beethoven-Symphonien. Ringsum gab es zuweilen Krach – etwa als die Beziehung zwischen dem Dirigenten und den Münchner Philharmonikern in die Brüche ging. Das Wiener Orchester war davon nicht zu beeindrucken – und arbeitet weiter konsequent mit Thielemann zusammen.

Demnächst tritt der Maestro sein Amt als Chef der Dresdner Staatskapelle an – und wird mit diesem Ensemble ab 2013 auch die Salzburger Osterfestspiele bestreiten. Der „neue Karajan“ nennen ihn manche nicht von ungefähr... sin

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.11.2011)

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