Fekter: Junglehrer sollen mehr arbeiten - ein Drittel unbezahlt

Fekter Junglehrer sollen mehr
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Vorstoß von Finanzministerin Fekter: Berufsanfänger sollen künftig sechs Extra-Stunden halten, aber nur vier zusätzlich bezahlt bekommen. Lehrergewerkschafter finden den Vorschlag "skurril".

Wien. Junglehrer sollen deutlich mehr arbeiten. Nach einem Plan der Bundesregierung sollen sie durchschnittlich 27 und nicht wie bisher rund 21 Stunden in der Woche unterrichten. Von den zusätzlichen sechs Stunden sollen sie vier Stunden - also zwei Drittel - auch extra entgolten bekommen, zwei Stunden aber nicht; dieses Drittel sollen sie also ohne zusätzliches Geld leisten. So formuliert es Finanzministerin Maria Fekter (ÖVP) im Gespräch mit der „Presse": „Zwanzig Prozent mehr Gehalt, dreißig Prozent mehr Arbeit."

„Höhere Einstiegsgehälter: Ja", sagt Fekter zu den laufenden Verhandlungen über das neue Dienst- und Besoldungsrecht der Lehrer. Sie sehe aber nicht ein, dass es diese um jeden Preis und für gleich viele Wochenstunden geben solle, wie sie bisher in Österreich im Durchschnitt geleistet werden. „Zum Beispiel ein Achtundzwanzigjähriger" könne durchaus einige Stunden mehr unterrichten. Konkret sind es an den Volksschulen zurzeit 22, an den Hauptschulen 21 Wochenstunden und an AHS und BHS je nach Gegenständen zum Teil weniger Wochenstunden. Dass künftig nicht alle sechs Extrastunden auch extra bezahlt werden sollen, begründete die Finanzministerin bereits bei einem Diskussionsabend der Wiener Wirtschaftskammer damit, dass Österreich „weg von den exorbitanten Lehrergehältern" kommen müsse.

Aktuell laufen die Verhandlungen über das neue Dienst- und Besoldungsrecht der Lehrer zwischen den Vertretern der Regierungsparteien - Unterrichtsministerin Claudia Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch Hosek (beide SPÖ) und Bildungssprecher Werner Amon (ÖVP) - mit Lehrervertretern von allen Schultypen. Vor allem die Regierungsseite steht dabei unter dem Druck zu sparen, denn erst in der Vorwoche haben sich die Koalitionspartner auf die „Schuldenbremse" geeinigt: ein fixes Schuldenlimit, wonach sich der Staat ab 2017 nur noch mit höchstens 0,35 Prozent neu verschulden darf.

Pflichtschullehrer: „Skurrilität"

Dass Fekter sich jetzt für 30 Prozent mehr Arbeit für Junglehrer starkmacht, hält der Chef der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, „selbst in Krisenzeiten für eine leichte Skurrilität", wie er der „Presse" sagt. Immerhin würden die Lehrer nicht nur in der Schule, sondern auch zu Hause viel arbeiten, etwa, um den Unterricht vor- und nachzubereiten. „Die Arbeitszeit der Finanzministerin ergibt sich ja auch nicht nur aus ihren Reden im Parlament." Auch der oberste AHS-Lehrergewerkschafter Eckehard Quin erteilt Fekter eine Absage: „Mehrarbeit für die Lehrer kann ich mir nicht vorstellen. Denn Lehrer erfüllen bereits die gesetzliche Arbeitszeit, so wie andere öffentlich Bedienstete auch." Das hätten auch die Vertreter des Bundeskanzleramts und des Unterrichtsministeriums in den Verhandlungen „mehrfach betont", so Quin zur „Presse".

Schon 2009 war eine Vertreterin der Regierung, Unterrichtsministerin Schmied, mit ihrem Vorstoß für unbezahlte Mehrarbeit von Lehrern gescheitert: Schmied hatte vorgeschlagen, dass Lehrer zwei Stunden pro Woche mehr arbeiten sollten, und zwar, ohne ein Extragehalt zu bekommen. Zunächst vermutete sie den damaligen Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) an ihrer Seite, er unterstützte ihr Vorhaben aber ebenso wenig wie Kanzler Werner Faymann (SPÖ). Die Gewerkschaft protestierte heftig gegen unbezahlte Mehrarbeit - und setzte sich durch. Während der jetzigen Verhandlungen hat Schmied sich noch nicht auf eine Position zur Arbeitszeit der Lehrer festgelegt.

Bald höhere Einstiegsgehälter

Grundsätzlich einig sind sich alle Seiten, dass es schon bald höhere Einstiegsgehälter für Junglehrer geben soll. Das solle mehr Nachwuchs in den Beruf locken - und einem drohenden Lehrermangel entgegenwirken. Denn bis 2025 wird mehreren Prognosen zufolge etwa die Hälfte aller jetzt aktiven Lehrer in Pension gegangen sein.

Leistbar wären höhere Anfangsgehälter aber nur, wenn ältere Lehrer künftig weniger als bisher verdienen, sagen vor allem Vertreter von SPÖ und ÖVP. Gelten solle ein solches System der „flacheren Gehaltskurve" aber nur für all jene, die neu in den Schuldienst eintreten - und nicht auch für jene, die bereits als Lehrer arbeiten. Voraussichtlich noch bis Mitte 2012 werden nach erheblichen Verzögerungen die Verhandlungen über ein neues Dienst- und Besoldungsrecht dauern.

Rund 110.000 Lehrer gibt es zurzeit in Österreich, die Einstiegsgehälter liegen je nach Verwendung bei mindestens 1300 Euro brutto im Monat (bei voller Lehrverpflichtung). Am Freitag steht die nächste Runde der Verhandlungen über die Beamtengehälter 2012 an - angeführt von Beamtenministerin Heinisch-Hosek und Beamtengewerkschafter Fritz Neugebauer (ÖVP). Auch diese wird großteils die Lehrer betreffen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2011)

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