Attentatsserie: Briefbombenanschlag in Rom

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Italiens oberster Steuereintreiber wurde bei der Explosion verletzt. Anarchisten, die auch eine Bombe an die Deutsche Bank sandten, bekannten sich dazu.

Rom/Apa/Ag. Zwei Tage nach dem vereitelten Briefbombenanschlag auf Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann in Frankfurt ist in Rom in einer Filiale der Steuereinzugsgesellschaft Equitalia eine Paketbombe explodiert. Der Generaldirektor von Equitalia, Marco Cuccagna, an den das Päckchen adressiert war, wurde an den Händen verletzt. Ihm musste eine Fingerspitze amputiert werden.

Die linksextremistische italienische Gruppe FAI hat sich zu dem Anschlag bekannt. Wie die Polizei mitteilte, befand sich in dem Päckchen ein Schreiben der FAI. Auch der abgefangenen Bombe an Ackermann war nach Angaben der Ermittler in Deutschland ein auf Italienisch verfasster Bekennerbrief der FAI beigelegt. Darin sollen drei Explosionen angekündigt worden sein – Ziel der Anschläge seien „Banker und Blutsauger“.
Die FAI hatte vor einem Jahr mit Briefbomben an die Botschaften der Schweiz und Chiles in Rom zwei Menschen verletzt. Sie soll auch 2003 einen rechtzeitig entschärften Sprengsatz an den damaligen Chef der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, verschickt haben.

Warnung der Innenministerin

Anders als die Deutsche Bank hat Equitalia mit der aktuellen Schuldenkrise und den internationalen Finanzmärkten wenig bis gar nichts zu tun. Die einzige Aufgabe der Aktiengesellschaft in staatlichem Besitz ist es, Steuern einzutreiben. Regierungschef Mario Monti nahm das Unternehmen in Schutz: „Equitalia sorgt dafür, dass Gesetze respektiert werden.“

Noch zu Beginn der Woche hat Innenministerin Anna Maria Cancellieri davor gewarnt, dass die Krise in Italien zu Terroraktionen führen könne. „Soziale Verzweiflung und Ausgrenzung, die von der Wirtschaftskrise verschärft werden, können den Weg zu umstürzlerischen Aktionen ebnen“, sagte Cancellieri. Die aktuellen ökonomischen Turbulenzen könnten Menschen dazu veranlassen, ihre Empörung auf gewalttätige Weise zu artikulieren, wie am 15. Oktober bei einer Großdemonstration gegen die internationalen Finanzmärkte in Rom, wo es zu heftigen Ausschreitungen gekommen war, sagte die Ministerin. Cancellieri warnte, dass vor allem Terroraktionen von Anarchistenkreisen zu befürchten seien.

Die Informelle Anarchistische Föderation, die im Mittelpunkt der Ermittlungen steht, ist kein unbeschriebenes Blatt. Die Gruppierung hat die Verantwortung für eine Anschlagsserie im Dezember 2010 übernommen – damals waren in Rom Paketbomben an die Botschaften der Schweiz und Chiles gesendet worden, die explodiert waren und zwei Personen verletzt hatten. Auch eine Bombe, die im März 2011 an das Büro einer Lobbying-Organisation der Atomkraftbefürworter in der Schweiz geschickt wurde, soll von der FAI geschickt worden sein. Bei dem Anschlag in der Schweiz wurden ebenfalls zwei Büromitarbeiter verletzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.12.2011)

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