Türkei stoppt militärische Zusammenarbeit mit Frankreich

Türkei setzt Militär-Zusammenarbeit mit Frankreich aus
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Die Nationalversammlung in Paris stimmt für ein Gesetz, das die Leugnung des Genozids an den Armeniern unter Strafe stellt. Der türkische Premier Erdogan spricht von "irreparablen Wunden" im Verhältnis zu Frankreich.

Die französische Nationalversammlung hat am Donnerstag für einen Gesetzesentwurf gestimmt, der Strafen für das Leugnen von gesetzlich anerkannten Völkermorden vorsieht. Dazu gehört auch das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich während des Ersten Weltkriegs.

Die Türkei reagierte empört auf den Beschluss: Sie suspendierte am Donnerstag die militärische Zusammenarbeit mit Frankreich. Zudem verfügte Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan die Aussetzung bilateraler Besuche und zog den Botschafter aus Paris ab. Die Entscheidung des Parlaments in Paris habe dem türkisch-französischen Verhältnis "sehr schwere und irreparable Wunden" zugefügt, sagte Erdogan.

Der französische Außenminister Alain Juppé hat die Türkei vor einer Überreaktion gewarnt. Die Beziehungen zwischen Frankreich und der Türkei seien "eng und vielfältig", sagte Juppé am Donnerstag vor Journalisten in Bordeaux. Er "hoffe, dass unsere türkischen Freunde nicht überreagieren". Die Regierung hatte bereits vor der Abstimmung die "leeren Drohungen" der Türkei zurückgewiesen. Europaminister Jean Leonetti rief zu einem "sehr viel ruhigeren Dialog" auf.

Armenien dankt Frankreich

Armenien dankte Frankreich offiziell für das Genozid-Gesetz. Der französische Staat habe damit bewiesen, dass die Menschenrechte die höchsten Werte überhaupt seien, sagte Außenminister Eduard Nalbandian: "Mit dem angenommenen Gesetz bestätigt Frankreich, dass Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals verjähren und es für ihre Leugnung eine klare Verurteilung gibt".

Nach dem Votum in der Nationalversammlung muss auch noch der französische Senat über das Gesetz abstimmen. Die Beratungen dort könnten mehrere Monate dauern. Der Entwurf sieht als Strafen bis zu ein Jahr Haft und eine Geldstrafe von bis zu 45.000 Euro vor.

Streit um Massaker an Armeniern

Armenien und ein Großteil der internationalen Forschung gehen davon aus, dass die Regierung des Osmanischen Reiches in den Jahren 1915 bis 1917 mit Massakern und Todesmärschen die Volksgruppe der Armenier auslöschen wollte. Von bis zu 1,5 Millionen Opfern ist die Rede.

Die Türkei weist den Vorwurf des Völkermordes zurück. Sie setzt die Zahl der Opfer mit 500.000 Menschen wesentlich niedriger an und argumentiert, dass die Armenier "kriegsbedingt" starben.

(Ag.)

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