Wer in Iowa siegt, hat noch nicht gesiegt

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Symbolbild(c) REUTERS (BRIAN SNYDER)
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Die republikanischen Vorwahlen beginnen in dem Agrarstaat im Mittleren Westen. Iowa setzt mit den ersten Vorwahlen oft genug einen Trend, zu einem politischen Orakel taugt der Bundesstaaten aber nur bedingt.

Des moines. Für ein ganzes Jahr übersiedelte Jimmy Carter praktisch nach Iowa. Der Erdnussfarmer aus Georgia, der als Prediger sonntags oft die Kanzel seiner Baptistengemeinde bestieg, säte 1975 im Agrarstaat im Mittleren Westen den Keim seines Wahlsiegs gegen den republikanischen Präsidenten Gerald Ford im kommenden Jahr.

Carters Appell für eine moralische Erneuerung der Nation fand in dem dünn besiedelten Bundesstaat mit seinen endlosen Maisfeldern einen fruchtbaren Boden. 32 Jahre später legte hier auch Barack Obama den Grundstein seines Erfolgs. Er überzog Iowa mit einem dichten Netzwerk von Wahlhelfern. In Dutzenden Auftritten beackerte Obama den Nachbarstaat seiner Wahlheimat Illinois, zog die Wähler in Scharen an und lehrte Hillary Clinton das Fürchten. Auf republikanischer Seite begann in Iowa 1980 der Siegeszug Ronald Reagans ins Weiße Haus, George W. Bush tat es ihm 20Jahre später gleich.

Archaische Urabstimmung

Vor 40 Jahren hat sich Iowa das Vorrecht gesichert, die ersten nationalen Vorwahlen in Form einer leicht archaischen Urabstimmung abzuhalten, die an Versammlungen der Gründerväter erinnert. Und Iowa hält eisern an dem Privileg fest. Als Florida seine Vorwahl um einen Monat vorverlegte, zogen Iowa und New Hampshire umgehend nach, um nicht ihre Poleposition einzubüßen.

Im Laufe der Jahre hagelte es Kritik am Prozedere, das größere und einflussreichere Bundesstaaten wie Kalifornien, Texas oder New York benachteiligt. Zumal die Zusammensetzung der Bevölkerung in Iowa alles andere als den nationalen Durchschnitt widerspiegelt. Weiße Farmer und evangelikale Christen dominieren das Bild. Dies erklärt auch, warum Prediger wie Carter oder die Republikaner Pat Robertson und zuletzt Mike Huckabee in „Flyover-Country“ reüssierten, wie Küstenbewohner die Region abschätzig nennen.

Iowa setzt mit den ersten Vorwahlen im Land oft genug einen Trend, verfügt indes nicht über die Gabe eines politischen Orakels. South Carolina kann dagegen mit Stolz darauf verweisen, stets auf den richtigen Kandidaten zu setzen – den späteren Präsidenten. Viele Bewohner des „Hawkeye“-Staats, allen voran der republikanische Gouverneur Terry Brandstadt, reagieren jedenfalls beinahe indigniert, wenn Bewerber ihren Staat links liegen lassen – wie heuer Jon Huntsman oder John McCain vor vier Jahren. Sie sehen es als ihr gewohnheitsmäßiges Recht an, jedem Kandidaten persönlich die Hand zu schütteln und mit ihm einen Plausch zu halten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2012)

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