Wie Chávez die Armut besiegt

Geht der Hunger in Venezuela tatsächlich zurück, wie es die Statistiken besagen?

Was ist dieser Hugo Chávez nur für ein Staatsmann! Glaubt man den Statistiken der UNO, ging unter seiner Ägide die Armut in Venezuela drastisch zurück. Mussten 2002 noch 50 Prozent der Bevölkerung mit weniger als zwei Dollar pro Tag auskommen, plagt die Armut mittlerweile nur noch jeden fünften Einwohner Venezuelas.

Das Erfolgsmodell ist schnell erklärt: ein fixer Wechselkurs von 4,3 Bolivar für einen US-Dollar, der praktisch nur auf dem Papier existiert. Die Inflationsrate liegt jenseits von 15 Prozent, obwohl Preissteigerungen per Gesetz verboten sind. Auf dem Schwarzmarkt hat sich längst ein Wechselkurs zum Dollar von acht bis neun Bolivar gebildet. Das ist der Wert, der für das Volk wichtig ist, weil Lebensmittel zu von Chávez verordneten Preisen kaum zu bekommen sind. Die für die Armutsschwelle entscheidende Summe ist in Venezuela also um die Hälfte zu niedrig angesetzt.

Wollte Chávez seinem Volk helfen, würde er den Ölmarkt öffnen und Konzerne wie Exxon oder Conoco Philips nicht verjagen. Das Land hat die weltgrößten Reserven, mehr als Saudiarabien. Doch nur wenig davon wird gefördert, weil dem staatlichen Ölkonzern PDVSA das Know-how fehlt. Abgesehen davon: Die Öleinnahmen fließen in die Taschen des Regimes, nicht der Bevölkerung. Auch wenn Chávez gern vor Wahlen ein paar hundert Bolivar an bedürftige Familien zur „Armutsbekämpfung“ verteilt.

Die Aktienbörse in Caracas war 2011 übrigens die erfolgreichste der Welt. Sie legte um 85 Prozent zu. Die Bergfahrt begann im Juni, als Chávez seine Krebserkrankung publik machte. Es ist ein makabres Beispiel, zeigt aber, woran es in Venezuela am meisten krankt: an der Wirtschaftspolitik des Staatschefs.


stefan.riecher@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.01.2012)

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