Der auseinandergebrochene Rumpf des Schiffs „Rena“ sinkt. Zehn weitere Tonnen Öl könnten sich noch im Wrack befinden. An Stränden Neuseelands herrscht bereits Alarmbereitschaft.
Christchurch/Ag. Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste: Nachdem das vor Neuseeland gestrandete Containerschiff „Rena“ vor wenigen Tagen auseinandergebrochen ist, sinkt das Wrack des Schiffes. Damit wurde auch wieder Öl ins Meer geschwemmt. Ein fünf bis zehn Meter breiter und drei Kilometer langer Ölfilm breitet sich derzeit aus und bedroht erneut die umliegenden Strände im Nordosten der Nordinsel.
„Die ,Rena‘ ist eindeutig im Todeskampf“, sagte der neuseeländische Umweltminister Mick Smith bei einer Pressekonferenz am Dienstag in Tauranga. „Unsere Priorität ist es, die Umweltschäden so gering wie möglich zu halten.“ Er gehe aber davon aus, dass nur noch weniger als zehn Tonnen Öl auslaufen können. Allerdings: Wie viel Öl sich noch tatsächlich im Rumpf der „Rena“ befindet, weiß keiner so genau. Kurz nach dem Unglück am 5.Oktober, als der Frachter auf dem Astrolab-Riff 22 Kilometer von der Küste entfernt auf Grund lief, waren 360 Tonnen Öl aus dem Schiff ausgelaufen. Mehr als 2000 Vögel verendeten und zahlreiche Strände wurden verschmutzt. Danach wurden zwar mehr als 1000 Tonnen abgepumpt, Reste blieben aber zurück. Taucher sollen nun das gesunkene Wrackteil untersuchen. Doch solange der Stahlkoloss noch in Bewegung ist, traut sich niemand in die Nähe.
Die meisten Container gesunken
Im Laufe des Dienstags ist das Heck der „Rena“ größtenteils im Meer versunken und macht die Bergung der 400 Container, die dort vermutet werden, fast unmöglich. Ein Teil der Container samt deren Inhalt wurde an Strände gespült – wie etwa Plastiksäckchen voller Milchpulver, die sich tonnenweise auf dem Schiff befunden hatten. Das Milchpulver sorgt auch dafür, dass das Meer rund um das Wrack weiß verfärbt ist.
Zahlreiche Schaulustige kamen, um sich das Treibgut anzusehen. „Aus den Containern quellen Holz, Milchpulver, Reifen. Es ist alles ein Riesendurcheinander“, berichtete Augenzeuge Hayden Murray einem TV-Sender.
Der Großteil der ins Meer gestürzten Container ist gesunken und liegt auf dem Meeresgrund, so die neuseeländische Schifffahrtsbehörde. Weitere Container sowie Wrackteile treiben noch im Meer, wo sie für Schiffe und Schwimmer zur tödlichen Gefahr werden können. Die Strömung könnte Teile bis zu 160 Kilometer weiter Richtung Südosten spülen.
Versuche, das Heck mit Schleppern in eine stabilere Position zu ziehen, scheiterten. Aber es konnten sich erstmals wieder Bergungsspezialisten auf dem Bugteil des Schiffes abseilen, um die Lage von dort zu beobachten. Abgerutschte Container, die an der Oberfläche schwammen, wurden vertäut und von den Schleppern weggezogen, um sie in ruhigem Gewässer bergen zu können.
Kapitän nahm Abschneider
Der philippinische Kapitän der „Rena“, die unter liberianischer Flagge fuhr, wollte angeblich die Route abkürzen und lief auf dem Riff, einstiges Taucherparadies, auf Grund. Ihm drohen entweder bis zu zwei Jahren Haft oder 190.000 Euro Strafe.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2012)