AUA braucht 260 Millionen Euro

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Airline-Chef Jaan Albrecht will die bestehenden Kollektivverträge mit automatischen Gehaltsvorrückungen kippen. Die elf Boeing 737 werden verkauft. Das Sanierungsprogramm soll schon heuer 200 Mio. Euro bringen.

Wien/Eid. 100 Mio. Euro hat die AUA im Vorjahr eingespart – das Ziel, in die Gewinnzone zurückzukehren, hat sie verfehlt. Vielmehr war der Betriebsverlust mit rund 65 Mio. Euro genauso hoch wie 2010. Um im Zuge der erwarteten Wirtschaftskrise und des damit verbundenen Nachfragerückgangs, des weiter hohen Ölpreises und der Konkurrenz durch Billigairlines heuer nicht noch tiefer abzustürzen, zückt der neue AUA-Chef Jaan Albrecht den Rotstift.

Die Maßnahmen, die Albrecht dem Aufsichtsrat am Montag präsentiert, sind großteils nicht neu. Sie betreffen Mitarbeiter genauso wie Geschäftspartner und Lieferanten, das Streckennetz und die Flotte. Sie gehen aber über kosmetische Korrekturen weit hinaus: Das radikale Sanierungsprogramm, das Albrecht „aggressiv“ umsetzen will, soll schon heuer 200 und ab 2014 sogar 260 Mio. Euro bringen. Zwei Drittel davon sollen aus Kostenreduktionen, ein Drittel aus Erlössteigerungen kommen.

Ob die AUA heuer Gewinne schreibt? Albrecht antwortete nur mit einem Nicken, um dann in Zweckoptimismus zu verfallen: „Ein Verlust ist nicht in unseren Köpfen, wir glauben an das Konzept.“ Ein Plan B existiere nicht. Wenn es nicht klappt? „Dann muss der Aufsichtsrat entscheiden.“

„Handschellen aufbrechen“

Die größte Umwälzung plant Albrecht, der am Dienstag von „historischen Strukturnachteilen der AUA“ gesprochen hat, beim Personal. Obwohl der Personalstand seit 2009, als die Lufthansa die AUA kaufte, um 1500 auf 5830 Mitarbeiter reduziert wurde, würden die Personalkosten heuer mit 438 Mio. Euro das Niveau von 2009 erreichen. Die Gründe dafür – Biennalsprünge und garantierte Inflationsabgeltung – will Albrecht wegverhandeln, indem er die Kollektivverträge von Piloten, Flugbegleitern und Bodenpersonal ändert. Diese „Handschellen“ will er auch bei der Tochter Tyrolean aufbrechen. Auch die Betriebspensionen stehen auf dem Prüfstand.

Die Piloten sollen auch länger fliegen. Gesetzlich sind 900 Stunden pro Jahr das Maximum, im AUA-KV sind 800 Stunden verankert, in der Praxis fliege ein Pilot rund 700 Stunden, erklärte AUA-Vorstand Peter Malanik.

Obwohl es keinen neuerlichen Gehaltsverzicht und keinen weitern Jobabbau geben soll, hat der Betriebsrat Widerstand angekündigt. „Die Sanierung eines Dienstleistungsunternehmens über die Personalkosten ist zum Scheitern verurteilt. Der Betriebsrat Bord wird dem nicht zustimmen“, heißt es in einer ersten, der „Presse“ vorliegenden Reaktion.

Die Belegschaft ist kampfbereit

Dass die Belegschaft keinen Konflikt scheut, hat sie mehrfach bewiesen. Als 2003 der damalige AUA-Chef, Vagn Sørensen, einen einheitlichen KV für AUA und Lauda Air durchsetzen wollte, gab es etliche Streiks. Erst nach Einschaltung der Sozialpartner gab es eine Einigung. Albrecht geht aber davon aus, dass es diesmal ohne Arbeitskampf ablaufen werde.

Zugeständnisse verlangt Albrecht auch vom Flughafen Wien und der Austro Control bei den Gebühren sowie der Politik. So soll etwa die Ticketsteuer wieder zurückgenommen werden.

Der zweite große Brocken im Sanierungsplan betrifft die Flotte: Alle elf Boeing 737 werden verkauft. Der Erlös, den Albrecht nicht beziffern wollte, ist nicht im Sparvolumen enthalten. Sehr wohl aber der Kosteneffekt, wenn die Boeings durch sieben Airbusse A319/320 ersetzt werden und die Flotte vereinheitlicht wird. Den Ankauf würde die Lufthansa stemmen – in Form einer Kapitalerhöhung als Sacheinlage, wie „Die Presse“ erfuhr. Die Lufthansa hat nämlich mehr Flugzeuge bestellt, als sie braucht. Neue Flugzeuge bekommt die AUA allerdings erst, „wenn wir die Kostenstruktur bereinigt haben“, betonte Albrecht.

Nicht zuletzt werden – nach Helsinki, Mailand/Linate und Damaskus – defizitäre Strecken gestrichen. Dem Vernehmen nach soll Bombay (Mumbai) wackeln.

Auf einen Blick

Die AUA braucht ein weiteres Sparpaket, um heuer nicht noch tiefer in die Verlustzone zu stürzen. Der neue Airline-Chef Jaan Albrecht will dazu die Kollektivverträge aufschnüren und automatische Gehaltssprünge und Inflationsabgeltung abschaffen. Außerdem werden alle elf Boeing 737 verkauft und nur durch sieben Airbusse A319/320 ersetzt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2012)

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