Die SPÖ liebäugelt mit einer „Liste der Schande“. Ein neuer Trend zeichnet sich ab.
Vergessen Sie die Listen, die Sie bisher sicherlich mit größter Akribie studiert haben: Die „Rankings“ der Schönsten, der Mächtigsten, der Reichsten, der Besten – die sind so was von retro. Wer heutzutage auf sich hält (wie etwa der Salzburger Arbeiterkammer-Präsident Siegfried Pichler oder der SPÖ-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter), der setzt auf die „Liste der Schande“. Klingt gut, kommt gut, ist also gut.
Mit ihrem Begehr, so eine „Liste der Schande“ österreichischer Steuerhinterzieher zu veröffentlichen, wollen die beiden Herrschaften sicherlich keinesfalls klassenkämpferische Töne von sich geben. Sondern es bloß den vorbildlichen Griechen gleichtun. Und dafür braucht sich auch niemand zu genieren: Erstens ist nicht alles schlecht, was aus Griechenland kommt. Und zweitens sind wir den Griechen ohnehin meilenweit voraus.
Bei uns in Österreich ist die Sache nämlich enorm ausbaufähig: Wie wär's mit einer „Liste der schandhaften Frühpensionisten“? Eine elendslange „Liste der Schande“ mit jenen Personen, die dank politischer Hilfe einen Topjob bekommen, hätte ebenfalls ihren Reiz – auch wenn Niko Pelinka sie leider nicht mehr zieren würde (vorerst zumindest nicht). Nicht uninteressant, weil umfangreich, wäre auch eine „Liste der Schande“ von Staatsbetrieben, die im Auftrag „ihres“ Ministers in Boulevardmedien inseriert haben.
Sie sehen schon: Die Liste der potenziellen Listen ist lang, da können die Griechen echt einpacken. Wie werden die erst schauen, wenn wir mit unserer „Liste der Schande“ reformunwilliger, dafür lautstark polemisierender Politiker kommen? Wir werden's sicher bald erleben.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.01.2012)