Fritz Martinz: "Er hat Krieg nie überwunden"

Es gibt sie noch: Einzelkämpfer auf dem Kunstmarkt. Die Tochter des verstorbenen Malers Fritz Martinz eröffnete in Wien eine wunderschöne Galerie – nur für das Werk des Vaters.

Wie entscheidet sich das Schicksal eines Künstlers auf dem Kunstmarkt? Kann man es gegen alle Prognosen als Privatperson wesentlich beeinflussen? Profis würden mit „eher Nein“ antworten. Aber selten gibt es sie doch, derart idealistische Einzelkämpfer wie Dorothea Martinz, die für die späte Anerkennung ihres 2002 verstorbenen Vaters Fritz Martinz jetzt sogar eine eigene Galerie eröffnet hat: Im Erdgeschoß des Gebäudes, in dem einst die Wiener Werkstätten werkten.

Ein toller Raum mit Holzbalkendecke tut sich hier auf, beim Besuch der „Presse“ lehnten an den Wänden gerade mächtige Großformate mit Erlebnissen aus dem Zweiten Weltkrieg, vorsichtig rückte Dorothea Martinz sie zur Seite, um die eigentliche Eröffnungsausstellung, gewidmet den zahlreichen Tierdarstellungen, sichtbar zu machen.

Gemeinsam mit Hrdlicka. Sie hat ein tatsächlich schweres Erbe angenommen. Denn Fritz Martinz ist nicht das, was man auf dem Kunstmarkt als Blue-Chip-Künstler bezeichnen würde. In den 1950er- und 60er-Jahren arbeitete er noch Seite an Seite mit Alfred Hrdlicka, sie stemmten sich mit ihrer wuchtigen, politischen Bildersprache gegen den Zeitgeist, der von Abstraktion und fantastischem Realismus schwärmte.

Martinz aber war von seinen Kriegserlebnissen geprägt, er war schon Kunststudent in Graz gewesen, als er einrücken musste. Zeit seines Lebens, erzählt die Tochter, habe ihn das Kriegsleid beschäftigt. Auch das der Tiere, dem er einen ganzen Zeichenzyklus gewidmet hat: Tote Pferde, Wölfe sind darauf zu sehen, schreckliche Bilder. Eine 250 Blätter zählende Serie über Menschenrechtsverletzungen beendete er erst mit dem Fall der Berliner Mauer. „Das sind keine Bilder, die man sich ins Wohnzimmer hängt, er hat den Krieg nie überwunden“, sagt die Tochter. In den Sammlungen von Belvedere, Leopold-Museum und Wien-Museum finden sich Beispiele davon.

Trotzdem. Nachdem Martinz 1960 gemeinsam mit Hrdlicka eine erste, legendäre Ausstellung in der Zedlitzhalle bestritten hatte, wurde es ruhiger um ihn. Die nötige Ellbogentechnik war nicht die seine, erklärt sich das seine Tochter. Der Vater arbeitete zurückgezogen – ein Skizzenbuch betitelte er mit: „Bilder, die ich nie malen konnte, weil ich kein Geld hatte.“ Bis zuletzt lehrte er an der Wiener Kunstschule. „Zum Schluss war er sehr frustriert“, sagt sie. Mit ihrem Engagement möchte sie diese Enttäuschung wohl ein bisschen wiedergutmachen. Neben der Konzentration auf den Vater schließt sie aber trotzdem nicht aus, einmal andere Künstler zu zeigen. Am 16.Februar wird jedenfalls die zweite Martinz-Ausstellung eröffnet: „Frauen im Atelier“.

FaKten

Öffnungszeiten
der Galerie Martinz: Di.–Fr., 15–19h, Neustiftgasse 32–34, www.fritzmartinz.at

Biografie
1924 wurde Fritz Martinz in Bruck an der Mur geboren. 1960 stellte er mit Alfred Hrdlicka in der Zedlitzhalle aus. Er war Mitglied der Secession, lehrte lange an der Wiener Kunstschule. 2002 verstarb er.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.01.2012)

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