ZDF-Redakteure fordern „Freiheit für das Zweite“

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Nach ORF-Vorbild formiert sich auch im deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunk Widerstand gegen „politische Einflussnahme“. Vorerst aber nur anonym.

Der Protest der „ZiB“-Redaktion macht Schule. Doch während sich die ORF-Mitarbeiter getraut haben, mittels eines selbst produzierten YouTube-Videos ihre Kritik an politisch motiviertem Postenschacher bei gleichzeitig hartem Sparkurs in der Redaktion öffentlich kundzutun, bleiben andere lieber unerkannt: „Wir paar jungen Nachwuchs-ZDFler müssen leider anonym bleiben, um unsere (meist befristeten/wackeligen) Verträge nicht zu gefährden“, heißt es in einem Schreiben aus der Redaktion des Zweiten Deutschen Fernsehens, das von einem anonymen Mailaccount ausging.

Zur Illustration seiner Kritikpunkte hat das Team „Freiheit für das Zweite“, wie sich die Kritiker selbst nennen, einen Link zum YouTube-Video der ORFler in das Mail eingebaut – mit dem Hinweis: „Schade, dass ein solcher Protest beim ZDF nicht möglich ist.“ Wer den Link anklickt, gelangt direkt auf das Statement der Redakteure aus Österreich. „Die Verhältnisse, die beim ORF den Protest auslösten, lassen sich eins zu eins auf das ZDF übertragen“, meinen die deutschen Kollegen. „Auch hier gibt es politische Einflussnahme und eine übergroße Nähe mancher Journalisten zur Politik.“ Das ist – wie beim ORF – nicht neu: „Parteipolitische Methodik droht geradezu den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu okkupieren“, konstatierte der ehemalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender bereits kurz vor seinem Ausscheiden im Februar 2010 in einem Gespräch mit dem „Spiegel“ sehr offen. Brender prangerte dort das „Proporzdenken“ und die „Rückgratlosigkeit“ der Parteien im Verwaltungsrat des Senders an und beklagte ein internes „Spitzelsystem, das davon lebt, dass Redakteure den Parteien Senderinterna zutragen“.

Vom ZDF direkt zu Angela Merkel

Das „Freiheit für das Zweite“-Team stößt sich u.a. daran, dass „allein zwei ZDFler als Kandidaten für Sprecherposten in der Bundesregierung genannt“ wurden. Einer sei es geworden. Die Rede ist von Steffen Seibert: Der „Heute Journal“-Moderator ging Mitte 2010 direkt vom ZDF ins Büro der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Sein Vorgänger – Ulrich Wilhelm – wiederum wechselte ebenso nahtlos vom politischen Parkett zum Bayerischen Rundfunk: Er wurde Intendant. „Dies alles hat, wenn überhaupt, nur leisen Protest ausgelöst“, beklagen die anonymen Kritiker. Gleichzeitig muss in den Redaktionen der Gürtel enger geschnallt werden. ZDF-Intendant Markus Schächter hat dem Sender Sparen verordnet. Da sinkt das Verständnis für politische Günstlinge, die mit Posten versorgt werden. Auch das ist eine Parallele zwischen Künigl- und Lerchenberg.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.01.2012)

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