Und wir schalten live zu – Fritz Neugebauer!

Die Regierung wird ihr Sanierungskonzept nun endlich vorlegen. Sind die bisher blockierenden Beamten mit dabei – gut. Sind sie nicht mit dabei – auch gut.

Nichts betonten die Verhandler, allen voran jene der ÖVP, in den vergangenen Tagen so deutlich wie den Umstand, dass Fritz Neugebauer, der in Salzburg langlaufende oberste Beamtengewerkschafter, ohnehin ständig via Telefon zu den Verhandlungen zugeschaltet sei. Während die Regierungsvertreter also in Wien mit den physisch anwesenden Neugebauer-Stellvertretern am Verhandlungstisch saßen, sagte der große Vorsitzende von der Loipe aus Nein, Nein, Nein. Und: Vielleicht.

Wann soll ein Lehrer denn sonst Urlaub machen, wenn nicht in den Semesterferien? Neugebauers Begründung für seine Absenz hat etwas Rührendes und Beklemmendes zugleich. Er sei seit vierzig Jahren verheiratet, ließ er ausrichten, „und dass soll auch so bleiben“. Nun werden auch die anderen Verhandler Ehepartner haben, die lieber mit ihnen gemeinsam Ski fahren würden. Doch während Kanzler, Vizekanzler und die zuständigen Minister in Wien geblieben sind, kann es sich der Chef der Beamtengewerkschaft leisten, sich seinen Urlaub nicht von der Dringlichkeit einer Budgetkonsolidierung diktieren zu lassen. Dies ist bezeichnend für die Macht, die die Beamten noch immer haben.

Noch. Denn die Regierungsspitze wird, wenn sie ihr Sanierungskonzept morgen oder übermorgen präsentieren will, nicht auf die Rückkehr Fritz Neugebauers warten können. Sie wird ihm – dann eben via Telefon – klipp und klar sagen müssen, dass es dieses Mal auch ohne ihn geht. Und sie wird dann auch allfällige Streiks aussitzen müssen.

Das nun weitgehend ausverhandelte Steuer- und Sparpaket kann ohnehin nur ein erster Schritt sein. 230 Milliarden Euro betragen die Staatsschulden Österreichs. Heuer sollen gerade einmal zwei Milliarden „eingespart“ werden. Dabei sind die Beamten – mit einem Potenzial von 2,7 Milliarden Euro bis 2016 – gar nicht einmal der höchste Einsparposten. Das sind die Pensionen mit rund sieben Milliarden Euro bis 2016. Eine Erhöhung des faktischen Pensionsantrittsalters ist die weitaus einfachste und auch effektivste Konsolidierungsmaßnahme.

Die Beamten würden – abgesehen von der Nichtnachbesetzung von tausend Posten – auf einen Biennalsprung (eine Gehaltsvorrückung alle zwei Jahre) verzichten oder ein bis zwei Nulllohnrunden akzeptieren müssen. Nichts, was nicht akzeptabel wäre. Zumal die Beamten erst im Dezember eine durchschnittliche Erhöhung von 2,95 Prozent erhalten haben. Was dann allerdings wiederum ein ziemlicher Schildbürgerstreich – und zwar der Regierung – wäre, den Beamten nun das wegzunehmen, was man ihnen gerade erst gegeben hat.

Dennoch: Man muss auch bei den Beamten mit Bedacht vorgehen. Denn sogar der bekannt reformfreudige und diesbezüglich ebenso nachdrückliche wie ungeduldige Vorsitzende des Staatsschuldenausschusses, Bernhard Felderer, warnt vor allzu harten finanziellen Einschnitten, die die Bediensteten der Republik gegenüber den Angestellten des privaten Sektors auf Dauer benachteiligen könnten. Denn auch für den Staatsdienst gilt: If you pay peanuts, you get monkeys.

Aber es ist nicht so, dass den Bedenken der Beamten und ihrer Vertreter in der Vergangenheit nicht genügend Rechnung getragen worden wäre. Ganz im Gegenteil. Daher sollten die Beamten und ihre Vertreter nun auch den Bedenken jener Rechnung tragen, deren Auftragnehmer sie sind. Und in einem Staat mit schlanker Verwaltung sollen sie dann auch angemessen verdienen.

Wenn man von den vertanen Chancen absieht, die die nun auch in breiten Kreisen der Bevölkerung erkannte Dringlichkeit der Budgetsanierung für nachhaltige, mutige Reformen – etwa im Pensionssystem – geboten hätte, wird das Steuer- und Sparpaket der Bundesregierung ohnehin nur Akzeptanz finden und ohne größere Verwerfungen wie in Griechenland oder Rumänien abgehen, wenn jeder das Gefühl hat, dass nicht nur er etwas beiträgt, sondern auch alle anderen.

Wiewohl es nur der berühmte Tropfen auf dem heißen Stein ist. Wie gesagt: Zwei Milliarden Euro Einsparungen/Einnahmen im Jahr 2012 stehen 230 Milliarden Euro an Schulden gegenüber.

E-Mails an: oliver.pink@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.02.2012)

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